Kevin Krawietz: Als Kind hat man davon geträumt

Im Juni hat Kevin Krawietz mit Andreas Mies die French Open im Doppel gewonnen. Im AZ-Interview spricht er über den Triumph und ein Treffen mit Idol Federer: "Eine unglaubliche Persönlichkeit".
München - Der 27-jährige Kevin Krawietz aus Coburg triumphierte im Juni zusammen mit Andreas Mies sensationell im Doppel bei den French Open.
AZ: Herr Krawietz, erst mal eine logistische Frage: Wo haben Sie Quartier gemacht?
KEVIN KRAWIETZ: Wir sind in Queens, wieder in einem Airbnb, mit einem Kumpel und jeweils den Freundinnen. Meine Eltern sind auch noch da – die wohnen aber im Hotel.
Und für wie lange haben Sie diesmal gebucht?
Wie immer eine Woche.
Bei den French Open, die Sie mit Andreas Mies als ungesetztes Doppel zur Überraschung aller gewonnen haben, mussten Sie umziehen – weil das Zimmer nicht lang genug gebucht war. Heißt: In New York müssen Sie bestenfalls auch wieder umziehen.
Oder verlängern im Optimalfall. Mal schauen.
Krawietz: "Die French Open waren schon eine coole Sache"
Wie präsent ist Paris, sind diese zwei wohl besondersten Wochen Ihrer Karriere noch?
Man erinnert sich schon immer mal wieder dran, schaut sich ab und zu ein paar Fotos auf dem Handy an. Das kommt immer wieder mal hoch. Ist ja noch nicht so lang her. Und war ja auch eine coole Sache.
Innerhalb des letzten Jahres ging es ganz schön aufwärts für Sie.
Schon, es ging wirklich ziemlich schnell nach oben. Wir haben ja vor eineinhalb Jahren angefangen, hatten zwischendrin noch eine kurze Pause, weil Andi sich am Knie verletzt hatte. Seit April 2018 läuft es unglaublich, das hätten wir uns auch nie so erwartet. Wir haben uns von Anfang an gut gefühlt. Es half natürlich, dass wir einen guten Start in die Challenger-Ebene hatten, nicht immer im Halbfinale hängengeblieben sind, sondern die Dinger meist gewonnen haben. So was gibt viel Selbstvertrauen. Da spielt man dann auch in den engen Situationen gut. Das hat uns dann auch viel auf der höheren ATP-Ebene gebracht.
Sie sind seit zehn Jahren Profi, haben viel Doppel gespielt – mit wie vielen Partnern?
Schon ein paar. Früher war ich wie alle aufs Einzel fokussiert. In der Jugend war ich ganz gut, hing dann ein paar Jahre zwischen 300 und 400, es ging nicht richtig voran. Ende 2017 habe ich den Trainer gewechselt, um im Einzel vom Spielerischen her nochmal alles rauszuholen, auch wenn es nicht für die Top 100 reicht. Ich habe schon gemerkt, dass mir Doppel mehr liegt, dass der Erfolg schneller da war. Das habe ich lange nebenbei mitgenommen. 2018 hatte ich beides im Fokus, was schwer zu kombinieren war. In dem Jahr hatte ich rund 180 Matches. War anstrengend. Dann war aber absehbar, dass es Richtung Doppel läuft.

Krawietz: "2018 hatte ich 180 Matches, das war anstrengend"
Wie sind Sie mit Andi Mies zusammengekommen?
Wir kannten uns schon, ich hatte in der Zeit viele Partnerwechsel, wollte einen festen Partner. Er hat mitbekommen, dass ich suche und ich, dass er sucht, und dann haben wir gesagt: "Probieren wir’s mal!" Hat ja ganz gut geklappt.
Wohl wahr. Wie eng sind Sie mit ihm? Muss man best friends sein, um erfolgreich zu sein? Wie viel machen Sie nach Dienstschluss miteinander?
Wir verstehen uns schon sehr gut, auch außerhalb vom Platz. Klar gibt es Phasen, wo ich einen anderen Rhythmus habe als er. Wir reden auch offen darüber und sagen, was einem jetzt selbst gut tut. Wir hatten jetzt gerade eine lange US-Reise, haben zwischendrin auch mal mit anderen Leuten trainiert, um Abwechslung zu haben. Wir verbringen ja schon extrem viel Zeit miteinander. Da braucht man auch mal Abstand.
Sie teilen sich aber kein Doppelzimmer?
Nee, manchmal sehen wir uns auch ein, zwei Tage gar nicht. Wir können aber auch jeden Tag zusammen essen gehen. Alles entspannt.
Jetzt also New York. Haben Sie schon gewonnen – wenn auch nur das Hallenturnier im Februar. Wie besonders ist so ein Grand Slam wirklich?
Klar freut man sich darauf. Als Kind hat man davon geträumt – und jetzt sind wir mittendrin. Das ist noch lange nicht normal. Man geht immer noch anders in so ein Turnier.
Krawietz: "Als Kind hat man von solchen Turnieren geträumt"
Wimbledon haben Sie auch schon gewonnen: 2009 als Junior mit dem Franzosen Herbert, haben Ihr Idol Roger Federer beim Champions Dinner getroffen. Wie war das denn?
Unglaubliche Persönlichkeit, sehr interessiert an allem. So viel Kommunikation war damals nicht, da war ich viel zu schüchtern. Jetzt in Paris und danach war da schon mehr. Eine große Ehre, ihn ein bisschen besser kennengelernt zu haben.
Ist man als Profi auch Fan? Schauen Sie sich ein Federer-Halbfinale auch mal im Stadion an?
Ab und zu. Beim Grand Slam eher nicht, da fokussiert man sich auf seine Spiele. Aber wenn’s reinpasst, schaut man sich schon mal einen Satz an. Es ist einfach unglaublich, den live zu sehen.
Krawietz: "Federer zu treffen war eine große Ehre"
Ihre Tour mit den Turnieren in Washington, Montreal und Cincinatti endete meist mit frühen, knappen Niederlagen. Seit Paris lautet die Bilanz 2:8. Wie gehen Sie ins Turnier?
Vor und in Paris haben wir nicht konstant gegen Top-Ten-Doppel gespielt. Durch den Erfolg in Paris sind wir nun in alle großen Turniere reingekommen, und dann hat man einfach von der ersten Runde an Top-Doppel, die sehr konsequent spielen. Dann liegt es immer an ein, zwei Punkten. Klar ist das ärgerlich, aber wir haben gut gespielt. Es ist auch wichtig, öfter gegen solche Leute zu spielen, damit das Niveau weiter nach oben geht.