Keller über Pechstein: "Sie ist wirklich eine Zicke"

Claudia Pechstein geht in ihrem letzten Rennen bei Olympia an den Start. Erhard Keller, Goldgewinner im Eisschnellauf, spricht über ihre schwierige Persönlichkeit – und die Chancen auf eine Medaille.
Interview: Matthias Kerber |
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Claudia Pechstein geht in ihrem letzten Rennen bei Olympia an den Start. Erhard Keller, Goldgewinner im Eisschnellauf, spricht über ihre schwierige Persönlichkeit – und die Chancen auf eine Medaille.

AZ: Herr Keller, Claudia Pechstein übt sich vor dem 5000-Meter-Rennen in ungewohnter Bescheidenheit, spricht davon, dass ihr das Eis nicht entgegenkommt, eine Medaille eigentlich nicht drin ist. Zustimmung oder Widerspruch vom Doppelolympiasieger im Eisschnelllauf von 1968 und 1972?

ERHARD KELLER: Das ist jetzt natürlich Tiefstapelei, um die Erwartungshaltung herunterzufahren. Natürlich träumt sie von Bronze. Mit viel Glück traue ich ihr das auch zu, aber ich gehe eher davon aus, dass sie Vierte oder Fünfte wird. Ich hätte an ihrer Stelle auf einen Start über die 1500 Meter verzichtet und meine Kräfte gespart. Bei den Spielen 1968 in Grenoble habe ich auf die 1000 m verzichtet, obwohl ich in den Bestenlisten Zweiter war, weil ich wusste, auf dem Eis, wird das nichts für mich.

Das Ergebnis: Sie holten Gold über die 500 Meter. Kaum eine Person polarisiert mehr als Pechstein, auch hier bei Olympia hat sie sich mit Stephanie Beckert gezofft...

Mei, sie ist ja durch den sogenannten Zickenzoff mit Anni Friesinger bei Olympia 2002 berühmt geworden. Man muss auch sagen, sie ist wirklich ein bisschen eine Zicke. Selbst wenn sie lächelt, hat man nie das Gefühl, dass es aus dem Innersten kommt. Ich habe sie mal interviewt, da war sie patzig, hat davon gesprochen, dass ihr die Bundesrepublik nichts bedeutet, dass sie für Italien starten will. Nur zwei Jahre später feiert sie ihren Olympiasieg mit schwarz-rot-goldener Perücke – das passte für mich nicht. Oder wie man in Bayern sagt: Das war recht deppert.

Sportlich gehört Pechstein aber mit fünf Olympiasiegen zu dem erfolgreichsten Olympioniken überhaupt!

Es ist ja auch wirklich schade, dass ihre Erfolge kaum beachtet werden. Aber es gibt dieses Phänomen immer wieder. Sportler, die zwar erfolgreich, aber eben keine Sympathieträger sind. Und es gibt die anderen wie Hansi Hinterseer, der nie groß erfolgreich war, aber sehr beliebt ist. Selbst Christian Neureuther. Alle lieben Christian, in der öffentlichen Wahrnehmung war er extrem erfolgreich, aber er hat weder bei Olympia noch bei Weltmeisterschaften je etwas geholt. Pechstein ist der Gegenentwurf dazu. Sie will polarisieren, legt sich mit jedem an. Solche Querulanten gibt’s immer, in jeder Firma, in der Wirtschaft, im Sport.

Was Pechstein nachhängt, ist ihre Dopingsperre aufgrund abnormaler Blutwerte.

Die Mediziner streiten sich ja, ob diese Werte ohne Dopingmittel zustande kommen können. Da gibt es extrem entgegensätzliche Auffassungen. Was mich damals wahnsinnig stutzig gemacht hat – und damit auch zu den Gegnern von Pechstein – war, dass sie erst auf das Angebot eingehen wollte, wenn sie bei der WM nicht startet, die Ergebnisse nicht veröffentlicht würden. Wenn ich in eine Alkoholkontrolle gerate und mir der Polizist anbietet, dass ich nicht blasen muss, wenn ich den Wagen abstelle und zu Fuß gehe, sage ich doch – falls ich nichts getrunken habe – wir machen den Test. Das habe ich bei ihr nie verstanden. Un das tue ich auch heute noch nicht.

Pechstein war auch als Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier im Gespräch.

Ich finde, es war gut, wie es ist, dass es die Maria Höfl-Riesch geworden ist. Für mich muss nicht der erfolgreichste Athlet die Fahne tragen, sondern einer, der die Menschen hinter sich versammelt.

Sie kennen Maria sehr gut.

Sie selber nicht so, aber ihren Mann Marcus Höfl. Ich bin sein Taufpate, habe ihn übers Taufbecken gehalten, sein Vater ist mein bester Freund.

 

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