Keke Rosberg über Hamilton: "Ein sympathischer Draufgänger"

MÜNCHEN - Keke Rosberg weiß, wie man sich als Formel-1-Weltmeister fühlt. Schließlich war er 1982 selbst einer. Im Interview spricht der heutige Premiere-Experte über Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und darüber, wie sich die Formel 1 verändert hat.
AZ: Herr Rosberg, haben Sie solch ein irres Formel-1-Finale wie das am Sonntag schon mal erlebt?
Keke Rosberg: Ich kann mich nicht erinnern, dass es so etwas schon einmal gab. Diese Emotionen waren unbeschreiblich. Ferrari hatte ja schon gejubelt.
Lassen Sie uns über den Champion Lewis Hamilton reden, den Sie schon als Jugendlichen kannten. Ron Dennis sagte mal, Hamilton wäre ein Experiment. Man wollte sehen, ob man einen Weltmeister züchten könne.
Gezüchtet? Das stimmt nicht. Sein Erfolg kommt von innen her, Lewis ist ein geborener Rennfahrer. Er ist in meinem Kart-Team gefahren, zwei Jahre lang, zusammen mit meinem Sohn Nico, zwischen 14 und 16 Jahren. Lewis ist ein Naturtalent, ein Besessener. Er benimmt sich sehr gut in der Öffentlichkeit, spricht gut. er ist ein symphatischer Draufgänger.
Sie beschreiben ihn als Everybodys Darling. Diese Meinung teilt nicht jeder.
Er fährt halt kompromisslos, und damit findet man nicht viele Freunde auf der Strecke. So muss man sein, wenn man erfolgreich sein will.
Wie fällt Ihre Saisonbilanz aus deutscher Sicht aus?
Sebastian Vettel, den ich nur noch Vettel Superstar nenne, ist der Sieger unter den deutschen Fahrern. er ist jung und unbekümmert, an ihm werden wir noch viel Freude haben. Aber ich weiß nicht, ob er sich richtig Freude kann, weil er ja jetzt Toro Rosso Richtung Red Bull verlassen muss. Es ist ja so witzig, wenn man hört, dass er keinen Manager hat. Dabei entscheidet Red Bull für ihn, wo er hingeht und was er zu tun hat.
Wird Vettel dort glücklich?
Ich glaube, wenn er frei sprechen könnte, würde er sich Freude, wenn er da bleiben könnte, wo er ist. Normalerweise sollte Red Bull ein Aufstieg werden für ihn. Aber ob es wirklich so kommt, ist eine andere Frage.
Wie beurteilen Sie die anderen deutschen Fahrer?
Mein Sohn Nico hatte eine schwere Saison bei Williams, wie auch Heidfeld aus anderen Gründen bei BMW. Glock hatte eine sehr gute Saison bei Toyota, er hat mehr geholt als man hätte erwarten können. Er war in der zweiten Saisonhälfte sogar stärker als Trulli. Zu Sutil kann man nicht viel sagen, weil sein Auto nicht in der Lage ist, das anzubieten, was man braucht, um in der Formel 1 mithalten zu können.
Was unterscheidet die neue Rennfahrergeneration im Vergleich zu Ihrer?
Die heutigen Fahrer sind viel professioneller, als wir es damals waren. Das Umfeld auch. Und ein Formel-eins-Neuling bringt heute viel mehr Erfahrung mit vor seinem ersten Rennen. Ich hatte damals vielleicht 50 Kart-Stars, Nico hatte 450. Die Formel-1-Welt von heute ist eine ganz andere.
Es war Ihr erstes Jahr als TV-Experte bei Premiere. Wie gefällt Ihnen der Job?
Es macht Spaß, aber Ich muss wahnsinnig viel Kraft dafür aufwenden, dass ich das mit der Sprache hinkriege, dass ich nicht in eine Sackgasse reinlaufe, in der mir auf einmal ein Wort fehlt, das ich nicht kenne. Dieses Jonglieren mit den Wörtern macht es so wahnsinnig anstrengend.
Interview: Sebastian Bütow