Keine Freifahrt für Gold-Lena

MÜNCHEN - Nach der Olympiasaison war Magdalena Neuner zunächst in ein kleines Loch gefallen. Jetzt sprüht sie wieder vor Tatendrang. In ihrem Heimatort Wallgau ist sie ein Star, Extra-Würste gibt es für die 23-Jährige aber dennoch nicht.
In den vergangenen Wochen und auch Monaten hatte Magdalena Neuner offenbar bisweilen ganz schön zu kämpfen. Zuletzt schlug sich die Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver mit einer Erkältung und mit Halsschmerzen herum, vom Lehrgang am Dachstein in der zweiten Oktoberwoche musste sie deshalb vorzeitig abreisen. Dann war da aber auch das Loch, in das die 23-Jährige nach ihrer formidablen Saison gerutscht war. Zweimal Gold, einmal Silber, dazu noch der Biathlon-Gesamtweltcup – die Vorfreude auf den kommenden Winter hielt sich zunächst mal in Grenzen.
Die Lust aufs Training war futsch
„Am Anfang hatte ich ein bisschen Probleme, ins Training zurückzukommen“, gestand Neuner am Montag bei einem PR-Termin in München. Ein bisschen ist sie in diesem Motivationsloch dann wohl auch rumgelaufen, „aber nach einiger Zeit habe ich gemerkt“, berichtet „Gold-Lena“, „wieviel Spaß ich am Sport habe.“ Und dann, ja „dann ist die Motivation zurückgekommen“. Heißt übersetzt: „Arbeiten für neue Medaillen.“ Die zu gewinnen, dazu hat die Vorzeige-Athletin dann am Ende des Weltcup-Winters Gelegenheit, bei der WM im russischen Chanty Mansijsk im März.
Erst im Sommer die Erfolge begriffen
In der Tat aber musste Neuner erst mal verarbeiten, was ihr da so alles gelungen ist im vergangenen Winter: „Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das alles realisiert habe. Im April und Mai gab es immer wieder so Momente, wo ich mir gesagt habe: Hey, du bist Olympiasiegerin, das ist cool.“ Und ebenso hat es dann auch gedauert, ehe Neuner feststellte: „Das Träumen von Gold hilft nicht mehr.“ Für ihre neuen Träume wird sie nun in den kommenden zwei Wochen in der Skihalle in Oberhof trainieren, danach ab dem 8. November auf dem dreiwöchen Lehrgang im finnischen Muonio. „Die Motivation“, betont sie „ist sehr groß.“
Neuner darf nur auf Schnee rasen
Nach der unglaublich erfolgreichen Olympiasaison, behauptet Neuner, habe sich ansonsten nichts verändert. „Privat hat es sich nicht so umgekrempelt, wie ich gedacht habe“, berichtet sie – den ganzen Trubel um ihre Person erlebe sie ja schließlich schon seit der erfolgreichen WM-Saison 2007 mit. Auch die Ehrenbürgerschaft ihres Heimatortes Wallgau brachte vorerst keine Veränderungen mit sich. „Da habe ich bis jetzt keine Vorteile bemerkt“, berichtet Neuner mit einem Schmunzeln, „ich habe zum Bürgermeister gesagt, jetzt kann ich ja schnell Auto fahren, aber das ist nicht so.“
Neuer Trainer bringt Schwung
Geändert hat sich freilich trotzdem etwas: Seit diesem Sommer werden die deutschen Biathletinnen nicht mehr von Uwe Müssiggang trainiert, der neue Mann heißt Ricco Groß. „Wir waren alle skeptisch“, gesteht Neuner, weil Groß „keine Erfahrung hatte“ als Trainer. Doch der vierfache Olympiasieger und neunfache Weltmeister kam bei den Damen offensichtlich sehr schnell an. „Er macht einen super Job und ist unheimlich bemüht. Er läuft selbst auf den Rollen mit, das hat uns weitergebracht. Das hat uns gefehlt, dass ein neuer Trainingsaspekt in die Mannschaft kommt“, berichtet die Doppel-Olympiasiegerin.
Neuner will nicht Chefin sein
Außerdem ist Magdalena Neuner jetzt gemeinsam mit Andrea Henkel neue Mannschaftssprecherin, ein Amt, das aber eher zwiespältige Gefühle auslöst bei ihr. Denn eine Chefin mag sie nicht sein: „Eine Hierarchie finde ich gar nicht so schön, ich bin nicht so die Riesenführungspersönlichkeit.“ Neuner wird also den Wert auf Ausgleich legen: „Mir ist lieber, dass alles harmonisch ist.“ Die zwei weiteren deutschen Meistertitel im September in Willingen scheinen darauf hinzuweisen, dass Magdalena Neuner auf einem guten Weg ist. Zumal jetzt auch die Erkältung auskuriert ist.
SID