Kaymer: Das Warten auf den Golf-Boom

Warum Kaymers Sieg beim Major keine Euphorie auslöst wie einst Becker im Tennis.
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Der Mann hat schwer zu tragen: Martin Kaymer mit der Trophäe der PGA-Championship und Freundin Alison Micheletti.
dpa Der Mann hat schwer zu tragen: Martin Kaymer mit der Trophäe der PGA-Championship und Freundin Alison Micheletti.

Warum Kaymers Sieg beim Major keine Euphorie auslöst wie einst Becker im Tennis.

KOHLER Die Experten waren angetan, Huldigungen allüberall. Zeitungen und Fachmagazine schrieben weltweit vom „eiskalten Kaymer“, der „Maschine Kaymer“ oder vom „German Wunderkind“. Und der „Mirror“ in London titelte frei nach Cäsar, der einst kam, sah und siegte: „He kaym, he saw, he conquered“.

Nach Martin Kaymers erstem Major-Sieg bei der PGA-Championship zogen manche Kommentatoren auch Parallelen zu Boris Becker. Zu Wimbledon 1985. Sportlich ein legitimer Vergleich. Von der Wirkung her nicht. Denn dass Kaymer einen Boom auslöst wie damals Becker, ist unrealistisch. So stieg die Zahl der Golfer auch nach Bernhard Langers Masters-Siegen 1985 und 1993 nur kaum. „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sagt Marketing-Experte Hartmut Zastrow von der Kölner Agentur „Sport + Markt“. Der 25-jährige Mettmanner, einer wie der 17-jährige Leimener? Vorerst nicht.

Zum Golf haben die wenigsten Zugang, auch im TV ist der Sport zu weit weg. Die meisten großen Turniere sind in den USA und laufen nur im Bezahlsender „sky“. „Man hat im Fernsehen kaum Bilder gesehen“, sagt Zastrow, „das ist natürlich ein Problem.“

Wer es erlebt hat, wird nie vergessen, wo er einst am 7. Juli 1985 Beckers Sieg verfolgte. Im Fernsehen, im Radio, daheim, bei Freunden. Wenn die Nachwelt einmal fragt, wo man bei Kaymers Triumph 2010 war, wird man sagen: Schlummernd im Bett.

„Einen Boom kann es nur geben, wenn Kaymer den Erfolg bestätigt“, so Zastrow, „wäre Becker eine Eintagsfliege gewesen, wäre die Begeisterung auch schnell vorbei gewesen. Immerhin könnte es eine Initialzündung gewesen sein.“ Für Golf auf dem Weg zum Massensport, für Kaymer auf dem Weg zum Sporthelden.

„Kaymers Art, vernünftig zu reden, bescheiden zu sein, ist kein Nachteil“, sagt Zastrow, „Golf ist nun einmal emotional ruhiger, da gibt es keinen Becker-Hecht und keinen versenkten Volley. Kaymer muss einfach authentisch bleiben, er darf sich jetzt nicht verbiegen.“ Reift er zum Idol, dann werden sich auch die öffentlichen Sender um die TV-Rechte bemühen. Möglich, dass die Menschen dann nachts aufbleiben wie einst bei Becker, gegen McEnroe im Daviscup, gegen Lendl beim Masters. Ja, dann wäre es ein Boom.

Florian Kinast

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