Karl Geiger von A bis Z: Der fliegende Ingenieur

Beim Auftakt in Oberstdorf untermauert Karl Geiger seinen Favoritenstatus bei der Vierschanzentournee. Die AZ stellt den neuen deutschen Hoffnungsträger vor: Von A wie Anatomie bis Z wie Zimmermann.
von  Johannes Schnabl, Krischan Kaufmann
Bringt den deutschen Skispringern mit seinem Auftaktsieg in Oberstdorf Schwung: Karl Geiger.
Bringt den deutschen Skispringern mit seinem Auftaktsieg in Oberstdorf Schwung: Karl Geiger. © Daniel Karmann/dpa

Oberstdorf - Schon sein goldgekrönter, großer Satz bei der Skiflug-WM in Planica im Dezember ließ erahnen, dass mit Karl Geiger heuer bei der Vierschanzentournee zu rechnen ist. Und spätestens nach seinem Auftaktsieg dahoam sollte nun auch wirklich der Letzte kapiert haben: Mit dem 27-jährigen Allgäuer haben die DSV-Adler einen echten Sieg-Springer in ihren Reihen. Denn wer wie Geiger direkt aus der Corona-Quarantäne kommen und in Oberstdorf gewinnen kann, dem ist definitiv auch der Gesamtsieg zuzutrauen.

Auf Karl Geiger "kann man sich immer verlassen"

"Auf den Karl kann man sich immer verlassen. Wenn der Karl in seinem Tunnel drin ist, kann er das abrufen. Momentan schwebt er auf einer sehr guten Welle", sagts Bundestrainer Stefan Horngacher nach dem ersten deutschen Tournee-Einzelsieg seit Dezember 2015.

Aber wie tickt der Überflieger eigentlich? Die AZ stellt die deutsche Tournee-Hoffnung vor - von A bis Z.

Die richtige Anatomie für einen Skispringer

A wie Anatomie: Einen eher langen Unter- und eher kurzen Oberkörper habe der großgewachsene Geiger, sagt Horngacher. Das entspricht vielleicht nicht dem Ideal des Goldenen Schnitts, lässt Geiger aber grandios fliegen.

B wie Bachelor: Wurde Geiger nicht inmitten junger Partnerschafts-Anwärterinnen bei RTL, sondern kurz vor der Tournee an der Hochschule Kempten, Fachbereich Energie- und Umwelttechnik.

C wie Continental Cup: Zweite Liga des Skispringens, erste internationale Erfolge für Geiger: In Brotterode gewann er 2014 zweimal binnen 48 Stunden.

Geiger und Eisenbichler: Yin und Yang

D wie Doppelzimmer, fliegendes: Die harmonische Hotel-Wohngemeinschaft von Geiger und Kumpel Markus Eisenbichler während sportlicher Dienstreisen. "Wir sind wie Yin und Yang", sagte "Eisei" über die Freundschaft der beiden.

E wie Engelberg: Schweizer Bergstädtchen und Ort der Erlösung. Hier holte Geiger 2018 seinen ersten Weltcup-Sieg im siebten Weltcup-Jahr.

F wie Fliegen: Mit seinen Voraussetzungen (siehe Anatomie) ist Geiger ein idealer Skiflieger. Das konnte er lange nur bedingt zeigen - bis Mitte Dezember 2020: Da wurde er in Planica überraschend Skiflug-Weltmeister, wurde zum "Teufels-Karl".

Hochzeit und Kind: 2020 lief auch privat gut für Geiger

G wie Geiger: Ein weit verbreiteter Familienname in Oberstdorf. Mit Kombinierer-Star Vinzenz ist Karl verwandt, mit Slalom-Spezialistin Christina, die mittlerweile Ackermann heißt, nicht.

H wie Hochzeit: Die gab es im September im coronamäßig kleinen Rahmen mit seiner Franziska. Im Dezember machte die Geburt von Töchterchen Luisa das private Glück perfekt.

I wie Instagram: Geiger ist in den gängigen Sozialen Medien am Start, aber eher zurückhaltend - viel Sportliches, wenig Schnickschnack gibt es für 40.000 Insta-Abonnenten.

"Einlaufkind" beim Tourneespringen in Oberstdorf

J wie Job: Derzeit Skisprungprofi, klar. Angestellt ist Geiger aber wie viele Wintersportler beim deutschen Zoll, zu dessen Ski-Team er seit 2016 gehört.

K wie Kasachstan: Rotes bzw. hellblaues Tuch für den jungen Karl. Als Knabe war er "Einlaufkind" beim Tourneespringen in Oberstdorf. Statt des erhofften großen Auftritts mit der deutschen Flagge durfte der tief enttäuschte Geiger aber damals nur das kasachische Banner tragen.

L wie Lucia: Karls jüngere Schwester überreichte ihm 2019 in Oberstdorf den Pokal für Platz zwei. Der innere Kreis der weit verzweigten Familie (siehe Geiger) mit Vater Roman, Mutter Monika sowie den Schwestern Verena und Lucia sowie natürlich Freundin Franziska ist sooft wie möglich bei Karls Wettkämpfen dabei.

Olympia-Silbermedaille für Geiger in Pyeongchang 

M wie Medaille: Gab es bei Geigers olympischer Premiere 2018 in Pyeongchang mit Silber im Team.

N wie Nordische Kombination: Wie fast alle Skispringer fuhr Geiger als junger Sportler zweigleisig, erst 2005 - mit zwölf Jahren - stellte er die dünnen Langlaufbretter in die Ecke und konzentrierte sich aufs heutige Kerngeschäft.

O wie Oberstdorf: Geburtsort, Lebens- und Schaffens-Mittelpunkt. Der Trubel um den berühmten Sohn halte sich in der schnuckeligen Marktgemeinde aber in Grenzen, er könne sich, sagt Geiger, noch ohne großes Aufsehen im Alltag bewegen.

P wie Premiere: Ging bei Geigers Tournee- und Weltcup-Debüt ziemlich in die Hose. Nach Platz 51 in der Oberstdorf-Quali musste er 2012 beim Wettkampf zusehen. "S'goat witr", sagte Vater Roman. Ging es in der Tat.

Spitzname "Karle" oder "Der Ingenieur"

Q wie Quetsche: Bayrische Bezeichnung des Akkordeons, ein von Geiger glänzend beherrschtes Instrument.

R wie Rydzek, Johannes: Der andere große, sogar noch erfolgreichere Oberstdorfer Winterheld. In jungen Jahren gehörten Geiger und er zur gleichen Trainingsgruppe.

S wie Spitzname: Jeder nennt Geiger "Karle". Fast jeder: Für Austria-Star Stefan Kraft ist er der "Karli". Neuerdings in Mode gekommen (siehe Bachelor): "Der Ingenieur"

T wie Traum: Den Traum vom Fliegen lebt Geiger auf der Schanze und bei seinem großen Hobby Gleitschirmfliegen. Fehlt noch ein Fallschirmsprung - der soll folgen.

Karl Geiger: Zweifacher Weltmeister 2019

U wie Urlaub: Bei aller Heimatverbundenheit packt Geiger regelmäßig das Fernweh - 2017 ging es beispielsweise nach Australien.

V wie Versuchung: Süßigkeiten dürfen bei Geigers Wettkämpfen nicht fehlen. Dass obendrein ein Wiener Knusperwaffel-Hersteller sein Kopfsponsor ist, stellt ein latentes Risiko für die Flugfigur dar (siehe Anatomie).

W wie Weltmeister: Wurde Geiger 2019 zweimal, mit dem Männer- und dem Mixed-Team in Seefeld. Fast noch schöner war aber Silber im Einzel hinter Kumpel "Eisei" (siehe Yin und Yang).

Eisenbichler und Geiger: Hoffnungen bei der Vierschanzentournee

X wie X, Punkt: Sich auf jenen zu konzentrieren, ist neuerdings Geigers große Stärke. In früheren Jahren nicht sonderlich nervenfest, gehört er mittlerweile zu den mental Stärksten.

Y wie Yin und Yang: So gegensätzlich wie die beiden Pole des Daoismus seien Markus Eisenbichler und Geiger (siehe Doppelzimmer, fliegendes). Sagt Eisenbichler, der deutlich mitteilsamere der beiden. Damit ergänzen sie sich aber prächtig.

Z wie Zimmermann: Geigers Vater führte eine Zimmerei, daraus resultierte seine Vorliebe für Unterkünfte mit rustikal-hölzernem Charme wie nun in Innsbruck.

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