Kampf dem Kleingeist
DEB-Vize Erich Kühnhackl, Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts, ist von der Heim-WM begeistert und fordert ein Umdenken. „Eine historische Chance, die nicht verpuffen darf!“
AZ: Herr Kühnhackl, die deutsche Nationalmannschaft hat bei der Heim-WM das Minimalziel Zwischenrunde erreicht und gerade mit dem Sieg im Auftaktspiel über die USA für Euphorie gesorgt. Da muss doch das Herz von Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts richtig aufgehen.
ERICH KÜHNHACKL: Absolut! Die Jungs haben gezeigt, was sie drauf haben. Das ist wunderbar. Jetzt ist aber wichtig, dass wir diese Euphorie über diese Heim-WM mitnehmen, dass wir sie in die Ligen tragen. Das ist eine historische Chance für unseren Sport. Und ich bin mir nicht sicher, wie viele Chancen wir noch kriegen werden. Wir haben in der Vergangenheit schon viel zu viele fahrlässig verschenkt. Die Nationalmannschaft hat das ihre getan, sie hat das Feuer entfacht. Jetzt sind alle, die mit dem Sport zu tun haben, in der Pflicht. Diese Euphorie darf nicht wieder an Streitigkeiten, an Scharmützeln scheitern.
Naja, im deutschen Eishockey war gerade in den Ligen die Kleingeistigkeit, das pure Eigeninteresse immer ausschlaggebend.
Das stimmt, aber wohin uns diese Kleingeistigkeit geführt hat, sieht man ja. Unser Sport hat in den letzten Jahrzehnten so dermaßen an Popularität verloren, das gibt es gar nicht. Wenn man hier gesehen hat, wie auch Spiele bei den Deutschen nicht dabei waren, ausverkauft waren, wenn man gesehen hat, wie viele Fans sich bei jedem Spiel außerhalb der Hallen tummeln, dann weiß man, Eishockey hat weiter das Potenzial, die Menschen zu erreichen und zu begeistern. Aber dafür muss man den Sport in den Vordergrund stellen, Kleingeistigkeit hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind. Jetzt ist es Zeit für neue Wege, für neue Ziele.
Wenn man aber den deutschen Spielern in den Ligen, besonders der DEL, weiter kaum Eiszeiten gibt, wird sich nichts ändern.
Schauen Sie, die Jungs haben gezeigt, dass sie es drauf haben, dass sie in allen Situationen ihren Mann stehen. Wenn sie das im Nationalteam können, warum sollten sie es in den Vereinen nicht können? Ich appelliere an die Klubs, den deutschen Spielern eine Chance zu geben. Das würde uns weiterbringen, es kann nicht sein, dass in der eigenen Liga die deutschen Spieler fast benachteiligt werden. Ich hoffe, dass ein Umdenken einsetzt, dass man auch den eigenen Nachwuchs fördert, diese WM hat das Potenzial, die Weichen zu stellen. Es wäre ja schon ein großer Fortschritt, wenn man die eigenen Spieler nicht mehr benachteiligen würde. Diese Chance dürfen wir nicht verstreichen lassen.
Interview: Matthias Kerber
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