Kalter Krieg mit Bibi

Das Duell zwischen den USA und Nordkorea ist ein Kampf der politischen Systeme auf dem Rasen. Die Asiaten schotten sich völlig ab. Schiedsrichterin ist Bibiana Steinhaus
von  Frank Hellmann
Deutschlands WM-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus.
Deutschlands WM-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus. © dpa

Dresden Es war ein fröhliches Bild, das die kreischenden Repräsentanten aus der Republik Nordkorea am Sonntag im Berliner Olympiastadion abgaben. Vor der Haupttribüne hatte sich die Gruppe aus 80 Jungs und Mädchen platziert; sie schwenkten nordkoreanische Fahnen und Flaggen, winkten dem Publikum zu, trugen farbige Hosen und rote Trikots und hatten sich die Gesichter bemalt. Und vor allem hatten sie Spaß und Freude, ein Teil der Eröffnungsfeier der Frauen-WM zu sein.

Doch dummerweise hatten diese Berliner Schüler damit auch den Gegensatz zwischen Wunsch und Wirklichkeit dieser Veranstaltung charakterisiert. Denn die Wahrheit ist, dass die Fußballerinnen aus dem sozialistischen geführten 24-Millionen-Volk für zwanghafte Verbissenheit, totale Abschottung und politische Einflussnahme stehen, die den Slogan, „20Elf von seiner schönsten Seite" zu zeigen, mit Füßen tritt. Alles, was irgendwie beim Aufenthalt in Leipzig oder Dresden zur Völkerverständigung hätte beitragen können, hat diese Delegation abgesagt; bei Trainingseinheiten im Dresdener Ostragehege haben deutsche Sicherheitskräfte an der Geheimhaltung mitgewirkt, als wären unerwünschte Blicke auf einen Fußballplatz ein Terrorakt auf freiheitliche Werte.

"Es ist mehr als ein Fußballspiel: Es ist eine politische Partie!"

Trainer Kim Kwan-Min, wie alle Verbandsangestellten Erfüllungsgehilfe im Sinne des „geliebten Führers" Kim Jong-Il, verteidigte die Kasernierung mit dem Hinweis: „Man hat uns gegen Deutschland und gegen Kanada gesehen, jeder kennt jetzt unsere Stärken und Schwächen." Was gelogen ist, weil jeweils ein halbes Dutzend Stammspielerinnen fehlten. Der finale Test in Halle/Saale (3:0 gegen England) fand dann unter absurden Verschleierungstaktiken statt. Denn nichts würde die Propagandamaschinerie Nordkoreas so schmieren wie ein Erfolg im Auftaktspiel gegen die USA (Dienstag 18.15 Uhr).

„Es ist mehr als ein Fußballspiel: Es ist eine politische Partie", sagt Brigitte Weich, die Regisseurin des bundesweit in Programmkinos laufenden Dokumentarstreifens „Hana, dul, sed…" (Eins, zwei, drei…). Die 49-Jährige hat dafür vier ehemalige Nationalspielerinnen begleiten und in der totalitären Diktatur filmen dürfen. Die Österreicherin erinnert sich daran, wie die staatliche Institution des „Korea Film Import und Export" vor der in den USA ausgetragenen Frauen-WM 2003 die Filmemacherin in ein Museum führte, um zu zeigen, wie die heimischen Spielerinnen mit Hilfe von Bildern aus dem Koreakrieg zu „antiamerikanischer Wachsamkeit" erzogen wurden. „Der imperialistische Feind, der Nordkorea bedroht, ist für sie eine Wahrheit, die sie der Welt verkünden wollen”, sagt Brigitte Weich. „Das völlig isolierte Land verfolgt seine eigene Denklogik." Mit der Folge, dass die weiblichen Abgesandten für die WM 2011 - im Durchschnitt 20,1 Jahre jung - nun vor Millionenpublikum für politische Motive kämpfen müssen. Die US-Stürmerin Abby Wambach glaubt: „Das Ding von Nordkorea ist, dass sie es mögen, wenn sie geheimnisvoll bleiben. Schon bei der WM 2007 haben sie uns ein hartes Match geliefert." Damals in China endete es 2:2, 2003 und 1999 unterlag Nordkorea jeweils 0:3.

Schiedsrichterin ist Bibiana Steinhaus - keine leichte Aufgabe für die Blondine aus Niedersachsen. Bibi im kalten Krieg also. Sie ist dennoch zuversichtlich ist: „Ich bin bestmöglich vorbereitet. Wir haben alles getan, im körperlichen, mentalen und im technisch-taktischen Bereich."

Bevor der Anpfiff ertönt, müssen sich die Spielerinnen beider Teams die Hand reichen - so sieht es das Fifa-Reglement vor. „Die Hoffnung ist, dass über so ein Spiel vielleicht große betonierte Mauern einbrechen", sagt die Grünen-Chefin Claudia Roth.

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