Kai Ebel im Interview über Max Verstappen, Niki Lauda und Michael Schumacher

Am Sonntag steigt der Große Preis von Belgien. In der AZ spricht Kultreporter Kai Ebel über Alonsos Vorwürfe, echte Typen, die Lungentransplantation von Lauda – und seinen Freund Michael Schumacher.
von  Matthias Kerber
"Ich stelle mir nicht die Frage, ob er Weltmeister wird, sondern nur wann", sagt Kai Ebel über Red-Bull-Jungstar Max Verstappen.
"Ich stelle mir nicht die Frage, ob er Weltmeister wird, sondern nur wann", sagt Kai Ebel über Red-Bull-Jungstar Max Verstappen. © dpa/KUNZ/Augenklick, AZ

AZ-Interview mit Kai Ebel: Der 53-Jährige berichtet seit 1992 bei RTL von den Formel-1-Rennen dieser Welt, er ist auch für seine extravaganten Outfits berühmt.

AZ: Herr Ebel, Ex-Weltmeister Fernando Alonso hat gerade seinen Rücktritt erklärt und zugleich mit der Formel 1 abgerechnet. Er meinte, es fehle heute an der Action auf der Strecke. Es wäre die Formel Langeweile. Was sagen Sie, der den Rennzirkus seit 1992 als RTL-Reporter begleitet, dazu?
KAI EBEL: Naja, er würde das sicher nicht sagen, wenn er zur Zeit im Mercedes sitzen und die Titel holen würde. Es war immer so, dass ein oder zwei Teams die Formel 1 dominieren. Das hat es immer gegeben, wird es immer geben. Dass wir uns alle wünschen würden, dass alle gleich stark sind, ist klar. Aber den Wunsch haben wir auch in der Bundesliga nicht erfüllt bekommen. Da rennen auch die Bayern weit vorne weg. Ich finde, dass seine Kritik im Moment nicht angebracht ist. Diese Saison ist toll, weil drei Teams konkurrenzfähig sind. Mercedes, Ferrari und Red Bull. Da entscheiden schon mal die individuellen Fehler darüber, wer gewinnt. Man kann nicht sagen, dass die Saison langweilig ist. Ich finde sie die beste seit langem.

Werden trotzdem die Paradiesvögel weniger?
Ich finde, es gibt einige echte Typen. Man kann Lewis Hamilton mögen oder nicht, aber er ist natürlich ein extremer Glamour-Typ, der immer wieder in neue Rollen schlüpft. Als Veganer, Gangsta-Rapper, Schauspieler, Musiker, Mode-Ikone. Als Gegenentwurf gibt es Sebastian Vettel, der manchmal mit dem Rennrad in karierter kurzer Hose ins Fahrerlager kommt. Da denkt man, es kommt gerade ein Student aus dem Urlaub. Oder Daniel Ricciardo, die stilisierte gute Laune auf zwei Beinen. Als Counterpart dazu ein Kimi Räikkönen, der freiwillig kein Wörtchen sagt. Das Wichtigste ist, dass die Action auf der Strecke stimmt, dann kommt da auch ein echter Typ dabei raus.

Etwa Max Verstappen, der einen gewissen Rambo-Ruf hat?
Er ist das geilste Beispiel dafür. Die Art, wie er fährt, dass er hart bei seiner Linie bleibt, imponiert mir. Er ist knallhart, aber offen, ehrlich und nie hinten rum. Und er redet Klartext. Das ist etwas, was man oft vermisst. Ich stelle mir nicht die Frage, ob er Weltmeister wird, sondern nur wann. So viel zu dem, was er drauf hat, wie gut er ist, welches Talent er hat. Er ist eine perfekte Rennmaschine, der kommende Star.

Mit seiner Art eckt Verstappen aber auch gehörig an.
Natürlich ist das für den Auto-Hersteller oder den Manager manchmal unangenehm. Der sagt dann sicher, um Gottes Willen, was hat Max jetzt wieder gesagt, was muss ich wieder reparieren. Man sieht Verstappen auch an, wenn er sauer ist – und dann sagt er das auch. Es ist schön, wenn einer das Herz auf der Zunge trägt. Es wäre schrecklich, wenn auch er sagen würde: Ich möchte dem Team für die riesige Unterstützung danken und den Sponsoren und nur gemeinsam sind wir stark – Blabla. Verstappen sagt auch mal, "wenn mir noch einer so eine Frage stellt, kriegt er eine Kopfnuss". Er macht das ja nicht, aber er haut eben einen Spruch raus und nicht nur vorgeformte Sätze.

Es kann eben ja nicht jeder Philipp Lahm sein.
Oder Jogi Löw.

Kai Ebel über Niki Lauda: "Ich bin mir sicher, dass er das schafft"

Wie sehr hat es Sie getroffen, dass Ihr langjähriger Wegbegleiter – Experte Niki Lauda – nach einer Lungentransplantation immer noch im Krankenhaus liegt?
Als die Nachricht kam: Niki im Krankenhaus, er braucht eine neue Lunge, da bekommt man erstmal Schnappatmung. Ich weiß ja, wie sehr er immer darauf achtet, dass die Klimaanlagen aus sind, weil er auf Erkältungen sehr empfindlich reagiert. Aber er ist ein absoluter Kämpfertyp. Ich bin mir sicher, er schafft es. Dass er den Feuerunfall von 1976 überhaupt überlebt hat, zeigt ja, wie knallhart er nicht nur zu anderen, sondern vor allem zu sich selber ist. Das ist unglaublich, dass er das alles überstanden hat. Ich bin mir sicher, dass er das schafft. So etwas ermahnt einen selber, einfach das Leben zu genießen und sich vielleicht nicht über den nächsten verspäteten Flieger zu ärgern – oder über das nicht fertig aufgeräumte Hotelzimmer. Sondern jede Sekunde zu nutzen, denn sie kommt nicht zurück.

Kai Ebel über Michael Schumacher: "Das Interesse an seinem Schicksal ist ungebrochen"

Noch härter dürfte Sie das Schicksal von Rekord-Weltmeister Michael Schumacher, mit dem Sie befreundet sind, getroffen haben. Nach einem Skiunfall im Jahr 2013 befindet er sich weiter in der Reha.
Das war ein einschneidendes Erlebnis. Denn wir hatten drei, vier Tage davor ein gemeinsames Event. Wir sind dann auf seine Initiative noch privat Essen gegangen. Wir haben Witze gerissen, was getrunken. Er hat dann noch gesagt, dass er am nächsten Tag zum Skifahren nach Méribel fliegt, dass seine Frau Corinna und die Kinder schon da seien und er hinterherreist. Ich habe ihm gesagt, dass ich selber schon dort war, dass es ein tolles Skigebiet ist. Alles war wunderbar.

Dann der 29. Dezember 2013.
Ich saß daheim auf meiner Couch, sah fern. Plötzlich lief ein Lauftext durch: "Schwerer Unfall von Michael Schumacher." Ich sagte mir: So ein Quatsch, der ist nicht mit dem Auto oder Motorrad unterwegs, der ist im Urlaub. Das kann nicht wahr sein. Als dann erstmals das Wort Skiunfall erwähnt wurde, wurde mir bewusst, dass es wohl stimmt. Da habe ich noch gedacht, was wohl passiert ist, aber da es hieß, dass er den Hubschrauber selber herangewinkt hat, dachte ich, dass es nicht so schlimm sein würde. Aber mit jeder Meldung wurde es dramatischer. Es war ein unglaubliches Wechselbad der Gefühle. Noch heute vergeht fast kein Tag, an dem ich nicht gefragt werde, ob ich wüsste, wie es Michael geht. Das Interesse an seinem Schicksal ist ungebrochen.

Wir werden die Frage nicht stellen, denn das ist zwischen Ihnen und seiner Familie, die absolutes Stillschweigen wünscht, so vereinbart.
Ja – und danke.

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