Käpt’n Ballast

Warum der verletzte Chelsea-Star im DFB-Team zur Reizfigur wird. Team-Manager Oliver Bierhoff: „Die Mannschaft ist von der Person Michael Ballack unabhängig“
von  Abendzeitung
Fällt für die WM-Qualifikationsspiele in Liechtenstein und Finnland aus: DFB-Kapitän  Michael Ballack.
Fällt für die WM-Qualifikationsspiele in Liechtenstein und Finnland aus: DFB-Kapitän Michael Ballack. © dpa

OBERHACHING - Warum der verletzte Chelsea-Star im DFB-Team zur Reizfigur wird. Team-Manager Oliver Bierhoff: „Die Mannschaft ist von der Person Michael Ballack unabhängig“

Es geht um Geld. Und geht es um Geld, wird nicht gesprochen, sondern verhandelt. Und da müssen die wichtigsten Verhandlungsführer mit am Tisch sitzen. Gut also, dass Michael Ballack, der Kapitän, seit Dienstag auch in der Sportschule Oberhaching residiert – obwohl er bei den beiden anstehenden WM-Qualifikationsspielen am Samstag in Liechtenstein und kommenden Mittwoch in Finnland wegen einer Sehnenverletzung am linken Mittelfuß nicht dabei sein kann.

Bis Freitag wird Ballack bei der Nationalmannschaft sein. Er ist anwesend ohne Anwesenheitspflicht. Doch er hat einen Auftrag. Er vertritt gemeinsam mit dem Mannschaftsrat – Lahm, Klose, Metzelder, Frings und eben Ballack – den Rest des Teams und soll eine satte Prämie aushandeln für eine erfolgreiche WM-Qualifikation. Für die EM-Teilnahme hatte sich der DFB mit seinen Akteuren auf die Zahlung von 12500 Euro pro Berufung geeinigt.

Mit welchem Auftrag geht Ballack nun in die Gespräche mit den DFB-Verantwortlichen? Und – viel wichtiger: Hat er das volle Vertrauen der Mannschaft?

Während der EM im Quartier in der Schweiz hatte es zu rumoren begonnen innerhalb der Mannschaft. Kapitän Ballack wurde vorgeworfen, schlechte Stimmung zu verbreiten und Mitspieler – ob intern oder während der Partien auf dem Platz – zu hart zu kritisieren. Als zahlreiche Spielerfrauen oder -freundinnen ihre besseren Hälften während des Turniers im Quartier in Ascona besuchen durften, grantelte Ballack erneut. Wohl im Frust darüber, dass seine Lebensgefährtin Simone – erst nach der EM haben sie geheiratet – wegen der schulpflichtigen Söhne nicht kommen konnte. Es staute sich einiges auf. Und entlud sich nach dem verlorenen EM-Finale, nach dem 0:1 gegen Spanien, als Ballack und Teammanager Oliver Bierhoff sich ein heftiges Wortduell nach der Siegerehrung lieferten und beinahe handgreiflich geworden wären. Co-Trainer Flick und Mitspieler mussten sie trennen.

Nachgetreten hat dafür Jens Lehmann. Der mittlerweile aus der Nationalelf zurückgetretene Torwart sagte in einem Interview mit dem „Spiegel“: „Selbstkritik ist das Markenzeichen von wirklich großen Spielern. So genannte Führungsspieler in Deutschland zeichnen sich aber manchmal dadurch aus, dass sie in der Öffentlichkeit mit ihrer Rolle kokettieren – indem sie ihre Meinung über andere sagen. Da sollte ein Umdenken stattfinden.“ Lehmann nannte keine Namen, musste er auch nicht.

Am Tag des Kahn-Abschiedsspiels gab es ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Ballack und Bierhoff. Es sei alles wunderbar, hieß es hinterher. Die Sache sei ausgestanden. Ist sie das wirklich? „Wichtig ist, dass nichts hängengeblieben ist“, sagte Bierhoff. Ist dem so? Hat sich Ballack auch mit der Mannschaft ausgesprochen? „Wir verlangen von Michael Ballack, dass er Dinge anspricht. Als Führungsspieler und Kapitän muss man auch mal anecken. Ich habe keinen isolierten Ballack gesehen“, erklärte Bierhoff. Die Spieler berichteten, dass Ballack mit am Tisch sitze, er sei anerkannt.

Doch neben seiner körperlichen Blessur (Ballack: „Nichts Ernstes, eine kleinere Sache, die muss jetzt abheilen“) schleppt der 31-Jährige nun einen Malus mit, Käpt’n Ballast. In den nächsten beiden Spielen fehlt er, was rein sportlich-ergbnisorientiert einerlei ist. „Wir haben in der EM-Qualifikation sehr gute Spiele mit und ohne ihn gemacht“, sagte Bierhoff, „das zeigt, dass die Mannschaft von der Person Michael Ballack unabhängig ist.“ Patrick Strasser

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