Jubeln oder zweifeln?

Ein neuer deutscher Rad-Held? Stefan Schumacher vom Team Gerolsteiner fährt bei der Tour de France in Gelb. Und stand oft schon unter Verdacht.
von  Abendzeitung
Ein Traum ist wahr geworden: Stefan Schumacher streift sich das Gelbe über
Ein Traum ist wahr geworden: Stefan Schumacher streift sich das Gelbe über © dpa

CHOLET - Ein neuer deutscher Rad-Held? Stefan Schumacher vom Team Gerolsteiner fährt bei der Tour de France in Gelb. Und stand oft schon unter Verdacht.

Mit einem hohem Gang und viel Rückenwind raste am Dienstag Stefan Schumacher allen davon. Der 26-jährige Schwabe aus dem Team Gerolsteiner landete im ersten Einzelzeitfahren der 95. Tour de France einen Überraschungscoup und fährt bei der fünften Etappe im Gelben Trikot. „Ein Traum ist für mich wahr geworden“, jubelte Schumacher.

Den eigentlichen Favoriten, dem Schweizer Weltmeister Fabian Cancellara, dem Amerikaner Christian Vandevelde oder Cadel Evans aus Australien, blieb im Kampf gegen die Uhr nur das Nachsehen. Doch Schumacher selbst schien nicht so richtig überrascht zu sein: „Ich hatte mir den Parcours angesehen, wellig, aber nicht zu schwer – deshalb sagte ich mir: Wenn ich heute nicht gewinne, liegt es sicher nicht am Kurs.“

Langes Bangen um den Sieg

Schumacher flog mit fast 50 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit über den knapp 30 Kilometer langen Rundkurs um Cholet. Nach seiner Zielankunft musste der WM-Dritte aus Nürtingen vor den Bildschirmen im Gerolsteiner-Teambus um seinen größten Erfolg bangen. Denn 23 Fahrer waren nach ihm ins Rennen gegangen. „Ich bin beim Zuschauen fast verrückt geworden“, sagte Schumacher. Am Ende blieben ihm 18 Sekunden Vorsprung auf den Luxemburger Kim Kirchen, wodurch er die Führung in der Gesamtwertung übernahm. „Alles, was jetzt noch kommt, ist Bonus“, meinte Schumacher, ohne sich für den weiteren Verlauf der Tour allzu große Hoffnungen zu machen: „Ich will ja nicht die Tour gewinnen. Die nächste Etappe kann ich das Trikot vielleicht verteidigen, aber danach wird's schon schwer.“

Schumacher – ein neuer deutscher Rad-Held? Oder auch nur einer, der im Zwielicht fährt? Jubeln oder zweifeln? Schumacher sah sich in der Vergangenheit etliche Male Dopingverdächtigungen ausgesetzt:

Im Mai 2005 wurde der schwäbische Arztsohn positiv auf den Wirkstoff Cathin getestet. Er wurde freigesprochen, weil es sich um eine vom niederländischen Verband genehmigte Einnahme eines Pollen-Allergikums handelte.

Drei Tage vor der WM in Stuttgart im September 2007 wies Schumachers Blutprobe einen unerlaubten Hämatokritwert von 50,5 auf. Er erklärte dies mit einer heftigen Durchfallerkrankung – er durfte starten, wurde Dritter.

Im Oktober 2007 beging er nach einem Autounfall Fahrerflucht. Beim polizeilichen Alkoholtest wurden Spuren eines Amphetamins gefunden. Sanktionen vom Weltverband UCI oder von seinem Team blieben jedoch aus, weil die Kontrolle außerhalb des Wettkampfes und nicht von einem Sportverband vorgenommen worden war.

Die Verantwortlichen des Team Gerolsteiner hoffen nun auf den Einstieg eines neuen Sponsors. Der Sprudelhersteller steigt zu Saisonende aus – Doping im Radsport schadet dem Sponsorenimage.

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