John Bryant: Der Speck ist weg
Muskeln statt Mondgesicht: In den Playoffs ist Star-Center John Bryant für die Basketballer des FC Bayern wichtiger denn je. Der Kalifornier hat eine recht erstaunliche Transformation erlebt.
MÜNCHEN 13 Mal hatte John Bryant gegen Oldenburg auf den gegnerischen Korb geworfen, dreimal getroffen. Eine desaströse Wurfquote von 23 Prozent. Und dennoch strahlte Trainer Svetislav Pesic, als er nach dem 86:67 der Basketballer des FC Bayern im ersten Playoff-Halbfinale Bryants Zahlen auf dem Statistikbogen sah. „12 Rebounds!“, rief Pesic den Journalisten entgegen. Und: „John ist sehr, sehr gut geworden.“ Der 26-jährige US-Profi, zweimaliger bester Spieler der BBL, hat bei den Bayern eine erstaunliche Entwicklung genommen, besser: Transformation. Pesic hat aus Bryant einen komplett anderen Spieler geformt. Stärker, schlanker – und in den Playoffs wichtiger denn je.
Zum Start der Vorbereitung im Sommer 2013 war Bryant – als designierter Top-Star – in katastrophaler Verfassung erschienen. 130 Kilo waren es offiziell, eine stattliche Wampe und ein gemütliches Mondgesicht dokumentierten einen allzu entspannten Heimaturlaub in Kalifornien. Das sorgte für große Irritationen unter seinen Mitspielern, die zum Teil schon vor der Ankunft in München wochenlang geschuftet hatten, und auch bei der sportlichen Leitung: „John weiß, dass er einen Riesenfehler gemacht hat“, sagt Sportdirektor Marko Pesic heute. Einen ganz entscheidenden Tipp bekam er dann von NBA-Star Marc Gasol, heute bei den Memphis Grizzlies einer der besten Center der Welt, 2002/03 beim FC Barcelona unter Trainer Svetislav Pesic ebenfalls mit erheblichen Figurproblemen. „Gasol hat ihm gesagt, der beste Weg um in Form zu kommen, ist Fahrrad fahren“, sagt Marko Pesic.
Seitdem strampelt Bryant (2,11 Meter), der nahe am Marienplatz wohnt, mit seinem schwarzen Trekkingrad durch München. Zu seinem Arbeitsplatz in den Audi Dome sowieso, an freien Tagen gerne in den Englischen Garten. Auf dem Parkett und bei den Taktik-Stunden mit Svetislav Pesic schuftet er sowieso. Bryant, der noch vergangene Saison fast ausschließlich von seinen feinfühligen Fähigkeiten in der Offensive lebte, entwickelt sich zu einem taktisch versierten Defensiv-Anker. „Er spielt eine immens gute Rolle“, sagt Marko Pesic.
Die Mitspieler haben Bryant nach der anfänglichen Skepsis uneingeschränkt in ihr Herz geschlossen. Weil er Demut gezeigt hat. „John ist ein unglaublich guter Mannschaftsspieler. Er weiß, dass er sich unterordnen muss.“ Und weil er trotz seines dicken Vertrages, der ihm dem Vernehmen nach mehr als 500000 Euro brutto pro Saison bringt, ein recht bodenständiger Kerl ist. „Er ist die gute Seele der Mannschaft“, sagt Pesic.
Unter dem Korb ist er weiter eine echte Kante. „Er hat schlechte Masse verloren und in Muskeln umgewandelt“, sagt Svetislav Pesic. Auf seine Präsenz zählen die Bayern auch bei Spiel zwei der Serie in Oldenburg am Mittwoch (19 Uhr, live auf Sport1). Mit einem Sieg könnten sie dann am Samstag (17.45 Uhr) zu Hause ins Finale gegen Berlin oder Quakenbrück einziehen. Aber egal wie die Saison ausgeht: Man darf davon ausgehen, dass Bryant nach der folgenden Sommerpause nicht mehr mit Plauze in München erscheinen wird. „Sie werden sehen, wie gut er nächstes Jahr spielt“, kündigt Svetislav Pesic an. „Danach ist er aber weg, weil er in die NBA geht“. Oder mit seiner neuen Fitness ganz andere Pläne verfolgt. Auf dem Rad. „Wir denken darüber nach, ihn für die Tour de France anzumelden“, scherzt Marko Pesic.