Interview

Jochen Schümann im AZ-Interview: "Dann kommt der Druck der ganzen Nation"

Die deutsche Segel-Ikone Jochen Schümann spricht in der AZ über Olympia und das Reglement.
von  Martin Wimösterer
Olympiasieger Jochen Schümann.
Olympiasieger Jochen Schümann. © Matthias Hoenig/dpa

AZ: Herr Schümann, Sie haben drei Mal Gold bei den Olympischen Spielen gewonnen. Wie bewerten Sie die aktuellen Segel-Wettkämpfe?
JOCHEN SCHÜMANN: Ich dachte, dass wir in drei Klassen gute Chancen hätten. Gute Aussichten haben Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer im Mixed-Katamaran. Andere sind kurz vor der Zehn, sie müssen ihr Glück und Können in die Waagschale werfen.

Wie erklären Sie einem Laien, worauf es beim Segeln ankommt?
Das Können ist wichtig und das Boot muss Topmaterial haben - aber das bringen alle Olympioniken mit. Bei Olympia kommt es viel darauf an, sein Nervenkostüm zusammenzuhalten. Das ist schwer, weil man doch mit natürlichen Bedingungen kämpft. Die sind einfach jeden Tag völlig anders, das ist kein Laboratorium. Dann kommt zu allem noch der Erwartungsdruck auf einen zu: der eigene, der der Familie, der der ganzen Nation. Im Segeln darf in jeder Disziplin nur ein Teilnehmer pro Nation starten.

"Wer die Bewährungsprobe besteht, wird erfolgreich sein"

Verstehen Sie also US-Turnstar Simone Biles, die sich wegen des großen Drucks zurückgezogen hat?
Ich verstehe sie zum Thema Druck, aber gleichzeitig zeichnet genau das den Sport aus. Als Favorit erwarten alle von dir, dass du deinen Erfolg wiederholst oder es noch besser machst. Gut zu sein ist beim zweiten Mal schwerer. Als Sportler muss man das als Chance sehen - und nicht an den Druck denken.

Es geht darum, es positiv zu sehen?
Ja. Zwei Drittel sind gleich gut, aber wer die Bewährungsprobe besteht, wird erfolgreich sein.

"Es passiert, dass Fehler gemacht werden"

Sie sprachen vorhin an, dass auch das Material des Bootes ein Faktor ist. Gibt es, ähnlich wie zum Beispiel in der Formel 1, ein Wettrüsten?
Das gibt es natürlich. Das Reglement versucht, das einzuschränken, gerade bei Olympia. Da wird kontrolliert und vermessen. In der Laserklasse wird etwa in Einheitsbooten gesegelt. Da wird zugelost.

Apropos Kontrolle: Bei Olympia wurden gerade zwei deutsche Seglerinnen disqualifiziert.
Es passiert, dass Fehler gemacht werden. Das kann mit der Kleidung zusammenhängen.

"Keine Olympischen Spiele, wie wir sie kennengelernt haben"

Genau, ihre Trapezhosen waren zu schwer.
Die Kleidung ist bis aufs Gramm definiert. Unclever - normalerweise wird die Kleidung zuvor getaucht, beim Segeln wird man pitschnass und die Kleidung schwer.

Sie müssen zum Flughafen. Geht es nach Tokio?
Leider nicht. Die Spiele stehen ohnehin unter dem besonderen Covid-Stern. Das sind keine Olympischen Spiele, wie wir sie kennengelernt haben. Das Treffen der Jugend - das macht die Spiele aus - wird verhindert. Alles andere neben dem Hochleistungssport auch. Ich fliege nach Palma. Dort findet die Regatta Copa del Rey statt.

"Mast- und Schotbruch"

Gute Reise. Gibt es einen Seglerspruch?
Mast- und Schotbruch.

Dann Mast- und Schotbruch!
Danke!

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