Interview

Jan-Lennard Struff: "Uns Tennisspielern geht's schon echt gut"

Jan-Lennard Struff, Deutschlands zweitbester Tennisspieler, spricht in der AZ über die mühsame Quarantäne in Melbourne, schwere Aufgaben im ATP-Cup und seine Ziele für diese Corona-Saison.
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Jan-Lennard Struff: "Es ist speziell, aber ich bin happy, dass wir hier sein dürfen und spielen können." (Archivbild)
Jan-Lennard Struff: "Es ist speziell, aber ich bin happy, dass wir hier sein dürfen und spielen können." (Archivbild) © Andreas Gora/dpa

AZ-Interview: Der gebürtige Warsteiner Jan-Lennard Struff (30) ist seit zwölf Jahren auf der ATP-Tour und spielt im Sommer für den TC Großhesselohe in der Tennis-Bundesliga. 

AZ: Herr Struff, am Samstag endete die zweiwöchige Quarantäne, die alle Akteure der Australian Open erdulden mussten. Sie gehörten zu denen, die fünf Stunden am Tag zum Training das Hotel verlassen durften. Wie lief das ab?
JAN-LENNARD STRUFF: Wir haben am Vorabend eine Info bekommen, zum Beispiel: "Morgen ab 11.15 Uhr." Dann klopft es um 11.15 Uhr an der Tür, ein sogenannter Help Officer holt einen zum Training ab und bringt einen ins Stadion. Dort ging es dann zuerst ins Gym, für eineinhalb Stunden.

Kontakt zu anderen Tennisspielern wie Sascha und Mischa Zverev

Wie sah dieses Gym aus?
Eigene Zelte auf der Anlage, ausgestattet mit Gewichten, Laufbändern und Fahrrädern. Dann zwei Stunden Tennis, danach noch eine Stunde für das Essen auf der Anlage, im separaten Bereich, unter Aufsicht. Dann wird man abgeholt und zurück ins Hotel gebracht.

Wissen Sie, wie viele Spieler im Hotel sind? Und sind welche, die gar nicht raus durften?
Alle sind auf drei Hotels verteilt, aber wie viele hier im Hyatt sind, kann ich nicht sagen.

Gab's Kontakt zu Kollegen?
Klar, zu den Jungs, mit denen ich ATP-Cup spiele, habe ich schon Kontakt: Sascha und Mischa Zverev, Kevin Krawietz und Andreas Mies, auch mit Dominik Koepfer und Cedric Stebe. Und Trainingspartner Nikolos Basilaschwili sehe ich sowieso jeden Tag.

Struff über ATP-Cup: "Ich bin happy, dass wir hier sein dürfen"

Ist Coach Carsten Arriens da?
Ja, mein Physio auch. Ich darf jeden Tag vorab einen der beiden nominieren, der mit mir zum Training darf.

Wie geht's Ihnen mit dieser Art der Vorbereitung?
Es ist speziell, aber ich bin happy, dass wir hier sein dürfen und spielen können. In Australien sind sie sehr streng: In den letzten Monaten hatte kein Australier das Privileg fünf Stunden raus gehen zu dürfen. Deswegen will ich mich auch überhaupt nicht über irgendetwas beschweren. Uns Tennisspielern geht's schon echt gut.

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Einige Kollegen hatten sich über das Essen beschwert, das aufs Zimmer geliefert wurde…
Das war nicht so gut, das stimmt. Aber weit weg von Beschweren. Wir kriegen auch noch 100 Dollar für den Lieferservice "Uber Eats": Das ist in 20 Minuten auf dem Tisch.

"Für diejenigen, die 14 Tage im Zimmer eingesperrt waren, wird es brutal schwer"

Was werden diese Australian Open für ein Turnier?
Ich weiß gar nicht, ob ich ohne die Beschränkungen so viel mehr trainiert hätte. Ein paar Nachmittagseinheiten vielleicht. Andererseits bekommt man so kurz vor einem Grand Slam nie zwei Stunden Training auf der Anlage. Für diejenigen, die 14 Tage im Zimmer eingesperrt waren, wird es brutal schwer. Das tut mir natürlich leid für die, aber letztlich ist es völlig egal, ob einer raus durfte oder nicht. Wenn ich auf dem Platz stehe, ist es egal, ob ich gegen einen spiele, der eingeschlossen war oder nicht. Dann will ich einfach nur gewinnen.

Wie gut sind Sie im Schlag und in körperlicher Verfassung?
Gut. Ich hab' ein Rad auf dem Zimmer, auf dem ich Kilometer machen kann, hab' die Gym-Zeit gut genutzt, die Zeit auf dem Platz sowieso. Das macht dreieinhalb Stunden, was relativ viel ist. Es ist halt ein- statt zweiphasiges Training, aber da muss man sich halt anpassen.

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Wie sieht es mental aus? Hilft die Kasernierung sogar beim Fokussieren?
Ich war schon froh, als ich in die Stadt konnte. Die Quarantäne war schon mühsam. Wobei die Tage relativ schnell rumgegangen sind.

Struff: "ATP-Cup ist ein geiles Event"

Was sagen Athleten, die gar nicht raus durften?
Cedric Stebe war komplett drinnen, hatte aber ein kleines Fenster, das er öffnen konnte, so dass er wenigstens frische Luft schnappen konnte. Bei den meisten Hotels kann man ja nicht mal ein Fenster aufmachen. Das wäre eine Katastrophe für mich.

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Im ATP-Cup warten mit Kanada und Serbien dicke Brocken.
Wir haben selbst ein gutes Team mit Sascha als überragendem Spieler, einem überragenden Doppel, und ich bin ein guter Nr.2-Spieler. Das sind natürlich harte Aufgaben. Gegen Serbien wird es tough für Sascha Djokovic zu schlagen. Auch Kanada mit Raonic wird ein hartes Stück Arbeit.

Das Davis-Cup-Finale findet heuer Ende des Jahres statt. Da kommt der ATP-Cup als Alternative gerade recht, oder?
Ein geiles Event! Die Premiere letztes Jahr war echt toll, ein guter Start ins Jahr. Aber Davis Cup mag ich auch sehr gern.

Struff schon zum neunten Mal bei den Australian Open

Sie sind zum neunten Mal bei den Australian Open, bislang war stets in Runde zwei Schluss. Da ist noch Luft nach oben, korrekt?
Auf jeden Fall. Letztes Jahr war ärgerlich, erste Runde gegen Djokovic zu spielen. Ich hatte mir viel vorgenommen, hab' auch gut gespielt, aber das war nicht die Auslosung, die ich mir gewünscht habe. Ich habe bei jedem Grand Slam die dritte Runde erreicht, außer hier. Hoffentlich klappt's dieses Jahr.

Was nimmt man sich in so einem schwer planbaren Jahr vor?
Wir haben eine klare Zielsetzung: Ich möchte gut spielen, mich verbessern und auch im Ranking wieder nach oben.

Derzeit stehen Sie auf Platz 37, im vergangenen August waren Sie schon mal 29.
Ich bin zufrieden mit meinem Weg in den letzten Jahren, aber ich will nochmal in die Top 30. Und ich möchte mal einen Turniersieg einfahren. Ich hab' noch keinen auf der Tour. Ansonsten muss man ein bisschen gelassener damit umgehen, was passieren wird, welche Turniere überhaupt stattfinden werden. Bis jetzt sieht der Kalender gut aus, ich hoffe, dass das alles durchgezogen werden kann. Aber muss man im Hinterkopf haben, dass ein Turnier auch mal ausfallen wird. Man weiß einfach nicht, was kommt und muss eine Akzeptanz finden für alles, was kommt.

Struffs Tennispläne für den Rest des Jahres

Wie sieht Ihr Tour-Plan nach Australien aus?
Ich habe für Montpellier gemeldet, dann Rotterdam und danach entweder Doha/Dubai/Miami oder Acapulco/Miami.

Wie sieht's mit den BMW Open aus?
Weiß ich noch nicht, da der Kalender für die Sandplatzsaison noch nicht raus ist. Wenn es stattfindet, würde ich gern spielen, klar. Ich mag das Münchner Turnier.

In München haben Sie im Sommer öfter zu tun: Für den TC Großhesselohe treten Sie heuer in der Bundesliga an. Da dürfte Teammanager Christopher Kas seine Finger im Spiel gehabt haben. Gegen ihn und Dustin Brown haben Sie 2012 Ihr erstes ATP-Match gespielt, ein Doppel beim Mercedes Cup in Stuttgart.
Den Kasi kenne ich gut, auch viele Spieler aus der Mannschaft. Ich hab' in Pullach gute Erfahrungen gemacht, und Tennis-Bundesliga spiele ich immer gerne.

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