Jamaika – die Insel der Unkontrollierbaren?

Dopinggerüchte um die schnellen Läufer aus der Karibik. Während Olympiasieger Bolt beteuert,nie manipuliert zu haben, sorgt sein Rivale Powell für Unruhe und sagt dreist: „Alles ist möglich.“
von  Abendzeitung
"Ich habe nie gedopt!": Jamaikas Sprintstar Usain Bolt.
"Ich habe nie gedopt!": Jamaikas Sprintstar Usain Bolt. © dpa

Dopinggerüchte um die schnellen Läufer aus der Karibik. Während Olympiasieger Bolt beteuert,nie manipuliert zu haben, sorgt sein Rivale Powell für Unruhe und sagt dreist: „Alles ist möglich.“

KINGSTON Jamaika, das steht für Strand, Sand, Palmen, für glasklares Wasser, für Rum und Lebensfreunde, für Sex-Appeal und Reggae-Feeling. Für viele ist die Karibik-Insel ein Paradies auf Erden.

Doch ist Jamaika auch ein Doper–Himmel? Direkt vor Beginn der Leichtathletik-WM in Berlin (ab Samstag) hat David Howann, Generalsekretär der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, Alarm geschlagen. „Sie haben immer noch nicht angefangen Dopingproben zu nehmen, Ich sehe nicht, dass sie in Jamaika mit ihrem Kontrollprogramm angefangen hätten. Das bereitet uns Sorgen“, sagte Howann in der ARD. Damit nährte er die Mutmaßungen, die es über die unglaubliche Sprinterriege – unter anderem Weltrekordler Usain Bolt, Ex-Weltrekordler Asafa Powell und Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser – die aus Jamaika kommt, schon lange gibt.

„Dass es weiße Flecken auf dieser Welt gibt, was die Dopingkontrollen betrifft, ist uns bekannt. Ich frage mich nur, wenn Herr Howann sich zu Recht aufregt, warum er nichts tut und die Kontrollen vom Verband machen lässt und nicht nach außen vergibt. Dann hätte man das Problem gelöst“, sagt Doping-Experte Dr. Helmut Pabst, medizinischer Leiter der Dopingkontrollen durchführenden Agentur PWC, „dass es in gewissen Ländern eher hausinterne Lösungen gibt, ist so. Auch das könnte man durch externe Kontrollen verhindern.“

Jamaika, die Insel der Unkontrollierbaren? Doping-Arzt Angel Heredia, der jahrelang die Sportwelt (etwa Marion Jones) mit maßgeschneiderten Doping-Cocktails versorgte, sagte in der ARD: „Ich habe in den letzten zehn Jahren auch Sprinter aus Jamaika zu meinen Kunden gezählt. Es waren Leute, die Erfolg hatten. Es ist so, dass Dopingmittel den Unterschied machen, ob man 9,9 Sekunden auf 100 Meter läuft oder eben 9,8.“

Sind die Jamaika-Sprinter nicht nur extrem spritzig, sondern auch zum Erfolg gespritzt? „Man ist sicher hellhörig, wenn so viele herausragende Sprinter aus so einem kleinen Land kommen“, sagt Pabst. „Zu der Dopingproblematik muss man auch wissen, dass es Dopingmittel gibt, deren Abklingphase extrem kurz ist. Da müsste man, um sicher zu gehen, im Fünf-Stunden-Rhythmus testen.“

Das Sprinterparadies Jamaika wirft viele Fragen auf. Der Skandal um Powell und Fraser, die am Mittwoch wegen Nichtteilnahme an einem angesetzten, gemeinsamen Trainingslager vom jamaikanischen Verband kurzfristig von der WM ausgeschlossen wurden, dann auf Druck des Weltverbandes, der „die Besten bei der WM sehen“ will, wieder zugelassen wurden, führt zu weiterer Verwirrung. Bolt geht vorsorglich in die Offensive: „Ich habe nie gedopt.“

Sein Teamkollege Powell kommentiert all das so: „Alles ist möglich. Ich selber traue bei der Dopingfrage niemandem. Ich kann mich immer hinsetzen und erzählen, dass ich nicht dope – und tue es doch. Und die Leute draußen denken auch noch, das sind aber freundliche Typen.“

Freundlichkeit, ist auch eine der jamaikanischen Grundtugenden.

Matthias Kerber

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