Ja zum Leben

Ilke Wyludda gewann 1996 in Atlanta Gold im Diskuswurf. Nach einer Beinamputation tritt  sie tritt sie nun bei den Paralympics 2012 an
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Ilke Wyludda gewann 1996 in Atlanta Gold im Diskuswurf. Nach einer Beinamputation tritt sie tritt sie nun bei den Paralympics 2012 an

LONDON Dass Ilke Wyludda, die Diskus-Olympiasiegerin von 1996, nach ihrer Beinamputation Ende 2010 nun bei den Paralympischen Spielen im Diskuswerfen und Kugelstoßen antritt, mag auf den ersten Blick wie ein kleines Wunder wirken. Tatsächlich aber ist Wyluddas Comeback auf der internationalen Bühne nur ein weiteres Kapitel im Leben einer Frau, die mit ihrem riesigen Kämpferherz und noch größeren Willen ein ums andere Mal schlimme Krisen durchstanden hat.

Um zu verstehen, wie Wyludda (43) das Leben anpackt, muss man nur wissen, wie sie mit Ihrer Unterschenkelamputation am 9. Dezember Dezember 2010 umgegangen ist. Keime hatten sich in einer offenen Wunde angesiedelt, es kam zu einer Blutvergiftung, auf die gleiche Art und Weise hatte Wyludda schon einen nahen Freund verloren. Sie musste sich entscheiden: Ihr Bein oder ihr Leben. Und wählte letzteres. „Es gab keine Alternative zu diesem Eingriff”, erklärte sie danach. Und legte schon am 20. Dezember 2010 die letzte Prüfung in ihrem Medizinstudium ab. Am 21. Januar 2011 erhielt sie ihre Approbation als Ärztin. „Medizin zu studieren, war mein Traum von Kindesbeinen an. Ich habe dies wegen meiner Sportkarriere damals hinten angehängt”, sagte Wyludda.

Ihren Dienst als Anästhesistin trat sie wenige Monate später ausgerechnet in der Unfallklinik Bergmannstrost in Halle an – an dem Ort, an dem sie ihr Bein verlor. Doch selbst ihr neues Leben war der gebürtigen Leipzigerin noch nicht Leben genug: Die Spitzensportlerin meldete sich zurück, sie wollte sich unbedingt wieder mit anderen messen. Ihre internationale Karriere, damals noch als Athletin der DDR, begann als Junioren-Europameisterin 1985 und hielt bis zum Europacup-Sieg im Jahr 2000 – mit dem Höhepunkt in Form des Olympiasiegs in Atlanta 1996.

Ihren frühen Erfolge waren allerdings nicht nur ihrem außergewöhnlichen Talent geschuldet. Wie viele andere jugendliche Sportler auch, wurde sie als Heranwachsende mit Anabolika versorgt – 1988 stellte sie mit einer Weite von 74,56 Metern einen geradezu irrsinnigen Junioren-Weltrekord mit dem Diskus auf. Wyludda lernte früh die notwendige eiserne Härte im Spitzensport.

Später überwand sie bis zu ihrem Karriereende 2001 Verletzungen, die für mehrere Lebensläufe gereicht hätten – und kämpfte sich jedes Mal wieder nach oben. Bis 1998 wurde sie alleine an der zweimal gerissenen Achillessehne elf Mal operiert, sie saß über Monate im Rollstuhl. Und: Anfang 1993 riss ihre Patellasehne, Im selben Jahr das Kreuzband. 1995 hatte sie Probleme mit der Knochenhaut. Und sie kam wieder und wieder zurück. Sogar als Olympiasiegerin. Wyludda zahlte einen Preis: Es ist überliefert, dass sie 1998 bei der Dopingprobe nach ihrem EM-Sieg in diesem Jahr 63 Artzney aufschrieb, die sie in den Monaten vor dem Wettbewerb eingenommen hatte.

Ein Mann stand ihr während ihrer ersten Karriere stets zur Seite: Ihr Trainer Gerhard Böttcher. Und genau der betreut sie auch nun wieder, bei ihrer zweiten Karriere. Wyludda musste praktisch wieder bei null anfangen – die Bewegungen als paralympische Athletin neu lernen, dem Körper langsam helfen, sich an frühere Zeiten zu erinnern.

Zu den Spielen in London, die am Mittwochabend (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) eröffnet wurden, reist sie als eine der Autoritätspersonen im deutschen Team, sie gehört zu den Stars der Veranstaltung. Als Fürsprecherin der Athleten bemängelte sie vor der Veranstaltung die niedrigen Prämien für behinderte Sportler. Im Fall eines Olympiasieges erhalten die nur 4500 Euro – nichtbehinderte Sportler bekommen mehr als das dreifache.

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