Irmen & Rietz: Zwei Polizistinnen packen aus
Julia Irmen und Alexandra Rietz sind zwei echte Polizistinnen. Die jetzige Kickboxerin und die TV-Kommissarin im AZ-exklusiven Doppel-Interview. "Mädchen, tu dir nicht weh!"
AZ: Frau Rietz, Frau Irmen, zwei echte Polizistinnen, die eine Kickbox-Weltmeisterin, die andere ins Schauspielfach konvertiert, wer von Ihnen beiden wäre besser als Bond-Girl geeignet?
JULIA IRMEN: Alex, sie hat einfach mehr Erfahrung. Obwohl: Ich habe viel mehr Waffenerfahrung, da ich ja mit 17 zur Bundeswehr gegangen bin.
ALEXANDRA RIETZ: Haben die Bond-Girls nicht alle ein Techtelmechtel mit James Bond?
Sonst wär's kein Bond-Film!
AR: Okay, dann wäre ich wohl wirklich die bessere Besetzung, Julia ist ja verheiratet.
Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie den Polizisten-Job aufgaben, um Fernseh-Kommissarin zu werden?
Ich wollte von Kindesbeinen an Polizistin werden.. Als ich Mitte 2003 hörte, dass man Polizeibeamte für eine Fernsehserie sucht, interessierte mich das nicht. Ich war glücklich mit meinen Leben, hatte mit Schauspielerei nichts am Hut und ging zu keinem der Castings. Als man dann aber immer noch Kandidaten suchte und Bewerber nach München einladen wollte, meldete ich mich. Der einzige Grund war, dass ich eine alte Freundin in München besuchen wollte. Ich lernte den vorgegebenen Text nicht auswendig, improvisierte einfach beim Castings und verabschiedete mich. Als ich sechs Wochen später den Anruf erhielt, dass man mich für die Besetzung der weiblichen Hauptrolle ausgesucht habe, dachte ich, mir fallen die Ohren ab. Durch meine Lockerheit bin ich wohl zu meinem TV-Job gekommen …
JI: Genau wie im Ring: Lockerheit siegt.
Die Palette der TV-Polizisten ist groß, Derrick, der Alte, Kobra 11.
Welche Figur gefällt Ihnen am besten? AR: Der letzte Bulle! JI: Wer findet den nicht toll?
AR: Und Columbo. Es ist zwar total unrealistisch, wie er sich immer nur mit seinem Verstand und dem Trenchcoat bewaffnet ganz allein in jede Gefahrensituation begibt. Der Typ ist aber einfach gut!
Sind die heutigen Serien realistischer ?
JI: Ich denke, wenn es mal richtig bei uns zur Sache geht, knallt es noch viel mehr als im Fernsehen. Okay, es fliegen nicht ganz so viele Autos in die Luft, wie bei machen Serien. Aber die Realität ist einfach härter als die Filme.
Wie sehen Sie die Racheengel-Filme, à la Dirty Harry oder Charles Bronson, in denen Polizisten ja keineswegs immer positiv belegt sind?
AR: Man kann sagen, dass die Polizei ein sehr guter Querschnitt der Gesellschaft ist. Da gibt es viele Gute und auch ein paar nicht ganz so Gute.
JI: Es ist nicht so, dass bei uns alle Engel wären, deswegen finde ich solche Filme nicht grundsätzlich schlecht, weil sie zu Diskussionen anregen.
Etwa bei Fällen von Polizeibrutalität wie bei Rodney King oder gerade erst in München.
JI: Es geht gar nicht, wenn jemand in Uniform einen anderen körperlich angreift, da muss man die Nerven behalten. Was für mich immer unverständlich bleiben wird ist, wenn ein Mann eine Frau schlägt, das geht gar nicht.
AR: Überhaupt nicht!
JI: Aber in dem Münchner Fall hat mich gestört, dass die Dame ausschließlich als Opfer dargestellt wurde. Sie hat dem Beamten ins Gesicht gespuckt, das geht auch gar nicht. Das rechtfertigt bestimmt keine Schläge, aber ihr Verhalten verhindert auch, dass sie nur Opfer ist.
Wie oft waren Sie schon in bedrohlichen Situationen?
AR: Ich war mal bei den Mai-Krawallen in Berlin im Einsatz, wir sind abgedrängt worden und waren etwa zehn Beamte, die eingekesselt waren. Steine, Feuer, alles flog. Das war ein bisschen wie Bürgerkrieg. In dem Moment habe ich mir gedacht: Was auch immer passiert, du musst es über dich ergehen lassen. Man kann ja nicht einfach in eine Menschenmenge schießen…
JI: Ich war bei einem Fußballspiel dabei, als mir ein Typ, der über zwei Meter groß war, eine reingeschlagen hat. Zum Glück konnte ich noch etwas ausweichen, sodass er mich nur gestreift hat. Von seinem eigenen Schwung hat es ihn nach dem Schlag auf den Boden geschmissen, dabei hat er sich den Arm gebrochen. Und was passierte? Ich wurde wegen Körperverletzung angezeigt und zehn seiner Freunde haben ausgesagt, ich hätte wie wild auf ihn eingeprügelt und ihm den Arm gebrochen.
Der Fall ging vor Gericht.
JI: Ich wurde freigesprochen, weil ein privates Handyvideo beweisen hat, wie es wirklich war. Da einige von denen unter Eid gelogen haben, hatten die richtig Ärger.
Als Polizistinnen und Kampfsportlerinnen sind Sie sicher vielen Vorurteilen begegnet…
AR: Viele meiner Kollegen fanden gut, dass immer mehr Frauen eingestellt wurden. Wir wirken oft deeskalierend.
JI: Ich spiele gerne mit Vorurteilen. So gehe ich oft mal in andere Kampfsport-Studios. Da kriege ich immer diesen abschätzigen Blick und dann die Frage: Und, von wem bist du die Freundin?“ Wenn ich dann meine Handschuhe auspacke, gibt es die nächsten Sprüche und alles so mit dem Unterton: Ach Mädchen, tu dir nicht weh. Die Blicke, wenn ich dann loslege, machen Spaß.
AR: Das kenne ich! Chrissi Theiss hat mich vor ein paar Jahren überredet, richtig mit Kampfsport anzufangen. Ich bin dann im Thailand-Urlaub gleich in ein Thaibox-Studio…
Da, haben Sie sich ja zum Einstieg wirklich gleich die volle Härte gegeben!
AR: Oh ja, aber das wusste ich ja nicht. Da waren schon zwielichtige Gestalten dabei. Ich habe auch keinen Ton gesagt, dass ich bei der Polizei bin. Es war eine extreme aufschlussreiche Fallstudie. Ich habe sehr interessante Charaktere kennengelernt.
JI: Ja, da sieht man schon auch so einiges. Aber wir wollen ja keine Vorurteile haben (lacht)
AR: Wir doch nicht!
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