Ingemar Stenmark: "Der Trubel bei Olympia - das war zu viel für mich"

Ski-Ikone Stenmark erinnert sich in der AZ an frühere Spiele und erklärt, warum er kaum mehr Skifahren geht: "Lieber bei der Familie".
von  Thomas Becker
Bis heute der erfolgreichste Skifahrer aller Zeiten: Ingemar Stenmark.
Bis heute der erfolgreichste Skifahrer aller Zeiten: Ingemar Stenmark. © imago

Der 61-jährige Schwede Ingemar Stenmark ist mit 86 Weltcupsiegen bis heute der erfolgreichste Skirennläufer aller Zeiten. Bei Olympia 1980 in Lake Placid holte er zweimal Gold, dazu gewann er fünf WM-Titel.

AZ: Herr Stenmark, wie lange ist Ihr letztes Skirennen her?
INGEMAR STENMARK: Das war 1989.

Nein, ich meine nach Ihrem Karriereende. Es gab doch bestimmt das ein oder andere Gaudi-Rennen, oder?
Ach, ja stimmt, es gab mal eins für eine TV-Show in Schweden, vor zwei Jahren, gegen Gunde Svan (viermaliger Langlauf-Olympiasieger, d.Red.).

Und? Wie war das?
Schwierig. Ich kann mich zwar noch erinnern, wie Skifahren geht, aber ich kann nicht mehr so skifahren, wie ich will. Ich mache jetzt eher Langlauf.

Aber gewonnen haben Sie schon?
Natürlich. Obwohl Gunde ganz gut war. Aber ich habe mich fürchterlich gefühlt. Ich war es halt gewohnt, perfekt skizufahren. Nicht wie ein Tourist.

Aber Sie gehen schon noch ab und zu auf die Piste?
Vor drei Wochen war ich daheim ein bisschen. Früher war ich immer mit Freunden für ein langes Wochenende in der Schweiz, aber seit zwei Jahren mache ich das nicht mehr.

Wie kommt's?
Ich bin lieber bei meiner Familie. Vielleicht machen wir das wieder, wenn meine kleine Tochter ein bisschen größer ist. Die ist erst zehn und noch nicht so schnell auf Skiern.

Ihr letztes Rennen ist fast 30 Jahre her - wie sehr verfolgen Sie den Weltcup noch oder nun die Olympischen Spiele?
Kaum, nur übers Fernsehen. Man sieht da viel mehr. Und es gibt nicht diesen Rummel mit all den vielen Menschen.

Sie besuchen die Weltcups gar nicht vor Ort?
Nein, ich habe auch Marcel Hirscher noch nie kennengelernt. Felix Neureuther auch nicht, nur seine Eltern. Das ist mir alles viel zu anstrengend. Nur 2006 war ich mal bei Olympia in Sestriere.

Wie haben Sie Olympia erlebt?
Es war toll, im Olympischen Dorf all die anderen Athleten zu treffen. Da waren richtige Helden dabei. Für mich war jeder tolle Sportsmann ein Held. Bei meinen ersten Spielen 1976 in Innsbruck war das fast zu viel für mich. Es ist nicht einfach, da konzentriert zu bleiben. 1980 haben wir außerhalb gewohnt und kamen nur zum Wettkampf nach Lake Placid - das war besser für mich. So war Olympia nur irgendein Rennen für mich (Stenmark gewann zwei Mal Gold, d. Red.).

Winterspiele in Korea, demnächst in Peking, Olympia-Ablehnung in Europa - ist der olympische Gedanke tot?
Ich fände Olympische Spiele an einem festen Ort gut: einer für den Sommer, einer für den Winter. Kein Ort bekommt je das Geld zurück, das er in Olympia investiert hat. Das ist alles viel zu teuer - und wird immer noch teurer. Das ist vielleicht gut für Länder, die Sportstätten erst noch errrichten müssen, so wie Tokio 1964. Stockholm will sich nun mit Estland bewerben - weil die diese teuren Bobbahnen schon haben.

Wenn Sie den Skisport zu Ihrer Zeit mit dem heutigen vergleichen - was hat sich verändert?
Das kann man gar nicht miteinander vergleichen. Alpines Skifahren war zu meiner Zeit in Schweden nicht so populär, im Gegensatz zu Langlauf. Alles ist besser heute: die Skier, die Pistenpräparierung, auch die Athleten. Aber ich schaue gerne zu. Das sind fantastische Skifahrer!

Heute bekommt ein Kitzbühel-Sieger 74.000 Euro. Wie viel haben Sie damals für einen Sieg bekommen?
Nichts. Es gab überhaupt kein Preisgeld. Ich habe nur von der Unterstützung meiner Sponsoren gelebt. Für die schwedische Automarke Saab und ein paar kleinere Lebensmittelfirmen habe ich Werbung gemacht. Aber viel Geld war das nicht.

Letzte Frage: Sie befinden sich in einer Zeitmaschine. Was wählen Sie: die 70er/80er-Jahre oder die Jetzt-Zeit?
Ganz klar: jetzt. Die Gegenwart und die Zukunft sind viel wichtiger. Ich schaue nicht zurück - höchstens für ein Interview.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.