"Ich wollte Fußballer werden"
Armin Hary war im Sommer 1960 nach dem Leichtathletik-Meeting am Letzigrund in Zürich der schnellste Mann der Welt. Die Uhr zeigt kurz vor 20 Uhr, die Temperatur annähernd 30 Grad. Beste Voraussetzungen für einen Weltrekord: 10,0 Sekunden. Im September 1960 holte Armin Hary zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Rom (100 m und 4x100-Meter-Staffel). Vom Zweiten, dem US-Amerikaner Dave Sime, spricht heute niemand mehr. Armin Hary dagegen ist 53 Jahre nach seinem Olympiasieg immer noch Zweidrittel aller Deutschen ein Begriff.
AZ: Was sagt Armin Hary zu den heutigen Zeiten eines Usain Bolt, der in Berlin in 9,58 Sekunden die 100-Meter-Marke überquerte und in Moskau bei der WM 2013 erneut Gold holte?
Armin Hary (zuckt die Achseln): Bolt ist ein toller Läufer, keine Frage. Auf Asche mit den Schuhen von damals, seinem Laufstil, Feierabend-Training und einem Job an der Backe möchte ich Herrn Bolt einmal auf Asche sehen. Bolt lebt von und für die Tartanbahn. Ganz zu schweigen von den nicht ganz geklärten Doping-Vorwürfen, die über Jamaika schweben.
Wahrscheinlich, das wollen wissenschaftliche Untersuchungen belegen, liefen Sie in Zürich sogar 9,9 und das auf Asche! Ein Zeitzeuge, ein Zeitnehmer von damals, gestand später, seine Stoppuhr hätte sogar nur 9,8 Sekunden gezeigt.
10,0 Sekunden merken sich doch auch ganz gut oder?
Was macht aber der einst schnellste Mann der Erde von 1960, wenn er sich heute mit 76 Lenzen fit halten will?
Mein Credo ist: Egal, was du machst, bewege Dich. Seitdem ich mich seit drei Jahren mit einer schmerzenden Schulter herumschlage, bin ich nicht mehr auf dem Golfplatz. Jetzt stehe ich jeden Morgen um halb sieben auf und gehe erst mal mit meinem Hund Gassi. Der dreijährige Border Collie-Mix "Lucky" braucht viel Auslauf und so eine Morgenrunde von fünf Kilometern tut auch mir gut.Dann gibt's Frühstück und die Morgenlektüre meiner Tageszeitungen (Anm. d. Red: AZ und SZ). Meine Frau hat schon erwogen, beide Zeitungen zu kündigen.
Wieso das, haben wir was falsch gemacht?
Nein, das liegt nicht an den Zeitungen. Ich rege mich so auf über die Politik und die Aussagen unserer Politiker. Jeden Tag eine andere Wahrheit - wirklich zum in die Luft gehen!
Und wie kommen Sie wieder herunter?
Ich hatte ein super Carbon-Mountainbike, aber die hügelige Gegend, in der ich wohne, hat mir den Nerv gezogen. Seit diesem Frühjahr bin ich in die Riege der E-Bike-Fahrer eingetreten. Aber dafür geht's jetzt doppelt so weit und ich erobere mir so die ganze Region. Wer glaubt, ein E-Bike ist nichts für alte Sportler, der sollte überlegen, dass bei so einem Rad die Energie, die man hineinsteckt nur unterstützt wird. Ein Moped ist das noch lange nicht!
Themenwechsel: Was macht Ihre AHA-Förderung für junge Nachwuchssportler.
Ich fahre pro Jahr 100000 Kilometer und bettle bei Unternehmen für meine Jugendförderung. Ich glaube, dass man die Jugend erstens an Sport heranführen kann und zweitens möglichst lang unterstützen sollte, die ganze Bandbreite der Sportarten auszuprobieren.
Leichtathletik statt Fußball?
Ja, ich habe aber kein Feindbild, auch ich wollte als Bub Fußballer werden. Nur der Einspruch meiner Mutter, Fußball sei zu gefährlich, hat mich zur Leichtathletik gebracht.
Sie haben aber auch ein Buch geschrieben, dessen Verkaufserfolg auch in Ihre Jugendförderung geht?
Geschrieben ist eigentlich nicht ganz richtig. Ich habe einen Band zusammengestellt, der als Zeitzeuge mit Artikeln und Bildern die Jahre 1958 bis 1960 abbildet. Er heißt „Mein Gold für Deutschland”. Das Buch ist gedacht für alle, die Spass am Sport haben und die damalige Zeit von meinem EM-Titel bis zur olympischen Golfmedaille noch einmal Revue passieren lassen wollen.
Wo kann man es kaufen?
Armin Hary: Es muss bei mir bestellt werden (www.aha-f.de) und kostet 110,- Euro und der Reinerlös geht an meine Jugendförderung. Es ist ein in Leder gebundenes und personalisiertes Exemplar, in dem jeder Besitzer mit Foto und Vita neben mir verewigt ist.
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