„Ich will so sein wie Kati Witt“

Die Münchner Eisläuferin Annette Dytrt über den neuen Trainer, das Glück in ihrem Leben, den Abschied von der Einsamkeit und die Pläne nach der Karriere
von  Abendzeitung
Anette Dytrt
Anette Dytrt © dpa

Die Münchner Eisläuferin Annette Dytrt über den neuen Trainer, das Glück in ihrem Leben, den Abschied von der Einsamkeit und die Pläne nach der Karriere

Von Florian Kinast

In diesen Tagen begann für die Eiskunstläufer die neue Wintersaison, wie immer mit der Nebelhorn Trophy in Oberstdorf. Und wie immer in den letzten Jahren war auch Deutschlands Top-Läuferin Annette Dytrt dabei. Bei den Frauen belgte die Müncherin den achten Platz, am Samstag präsentierte sie ihre neue Kür, zur Musik von Camille Saint-Saens, aus dem „Karneval der Tiere“ das Stück „Der Schwan“.

AZ: Frau Dytrt, die griechischen Mythologie erzählt uns, dass Schwäne kurz vor ihrem Tod mit trauriger, aber schöner Stimme noch einmal ein letztes Lied singen. Daher spricht man auch vom Schwanengesang. Ist Ihre neue Kür Sinnbild für das nahende Ende der Karriere?

ANNETTE DYTRT: Nein. Es geht viel mehr darum, dass ich zeigen möchte, dass ich ein Mensch bin, der auch ruhig und elegant laufen kann. Und dazu eignet sich dieses Stück sehr gut. Letzte Saison hatte ich „Sheherazade“, das war etwas flotter. Der „Schwan“ zeigt aber, dass sich wirklich etwas geändert hat bei mir.

Vor allem wirken Sie so fröhlich, ganz anders als in den letzten Jahren. Warum sind Sie denn so euphorisch?

Weil ich wieder viel optimistischer in die Zukunft schaue. Weil es für mich einen kompletten Neuanfang gegeben hat. Weil ich wieder Spaß habe am Eislaufen.

Liegt das vielleicht an Michael Huth, Ihrem neuen Trainer?

Vor allem an ihm, ja. Der macht in meinem Leben den großen Unterschied. Ich habe mit Michael endlich einen Trainer gefunden, bei dem ich mich wirklich wohl fühle. Er betreut ja schon Carolina Kostner, die Europameisterin. Zusammen hatten wir ein sehr intensives Training im Sommer in Skandinavien. Nicht nur wie früher dauernd auf dem Eis, jetzt machen wir viel Kraft, viel Ballett, viel Kondition mit einem eigenen Trainer. Das musste ich früher ja auch alles alleine machen. Und Michael ist auch eine Art Mentaltrainer. Es geht ihm darum, dass wir uns alle wohl fühlen, weil wir auch nur so Spitzenleistungen im Wettkampf bringen können.

Klingt nach Klinsmann on ice.

Ein bisschen, ja. Er ist ganz anders als Karel Fajfr.

Der umstrittene Skandaltrainer, den sie ihm Sommer rauswarfen.

Ich kann nichts Negatives über Herrn Fajfr sagen. Aber es war halt eher die alte Schule. Und ich habe gemerkt, so komme ich nicht voran. Ich will mich ja immer noch weiter entwickeln. Und das geht nur bei Michael. Ich bin auch manchmal bei ihm zuhause in Oberstdorf, bei seiner Familie mit Frau und Kind, abends zum Essen. Zu Michael kann man immer kommen, wenn man Probleme hat. So etwas kannte ich bisher gar nicht. Und auch nicht, dass man in der Gruppe trainiert. Dass ich mir mit einem Weltstar wie Caro Kostner ein Zimmer teile und dass ich mich mit einer wie ihr auch so blendend verstehe.

Bisher war es gerne einsam um Sie.

Ich hatte Trainer, die wollten ja gar nicht, dass ich Kontakt habe zu anderen Sportlerinnen. Aber das ist alles vorbei. Ich bin in den letzten Jahren sehr oft hingefallen. Und damit meine ich weniger das Eis, vielmehr die Rückschläge die ich hatte. Der Streit und die Trennung von meiner Trainerin Shanetta Folle und vor allem die Geschichte mit Norman Jeschke.

Mit dem Sie zusammen im Paarlauf eine Karriere planten, bevor er Sie dann aber von heute auf morgen einfach sitzen ließ.

Da dachte ich dann auch an Rücktritt. Als er plötzlich ankam und meinte, mit seinen 28 sei er zu alt für den Sport. Ich dachte mir, das kann doch nicht sein, warum muss ich immer Pech haben. Aber mich da durchzubeißen, hat mich letztendlich nur gestärkt.

Dann kam noch der Rüffel von Eislauf-Sportdirektor Udo Dönsdorf, der nach ihrem zwölften Platz bei der EM im Januar tobte, Sie hätten ja nicht einmal gekämpft.

Diese Aussage hat mich damals sehr überrascht, später hat er mir erklärt, das sei nicht so gemeint gewesen. Sei’s drum, das waren viele Dinge, die hart waren für mich, aber ich habe gesehen, wenn man ein Ziel hat, dann darf man das auch einfach nicht so aufgeben. Ich hatte einfach diesen Traum, weiterzumachen bis Olympia 2010. Und zum Glück habe ich weitergemacht. Jetzt bin ich auch auf dem richtigen Weg.

Und wo führt der Weg nach der Karriere hin?

Vielleicht werde ich ja wie Kati Witt.

Bitte?

Ich will gerne sein wie sie. Mich würde es sehr reizen, wie sie so große Shows wie Holiday On Ice zu machen. Oder ins Fernsehen zu gehen. Moderatorin zu werden wie Verena Kerth.

Die alte Bekannte von Oliver Kahn, die derzeit für einen Radiosender von der Wiesn berichtet.

Wir sind sehr gut befreundet, seit der TV-Show „Stars on Ice“ 2006. Vielleicht besuche ich sie ich nach Oberstdorf auch noch auf der Wiesn.

Klingt wirklich so, als hätten Sie wieder Freude am Leben.

Habe ich auch.

Und Ihrem Vater geht es auch wieder besser?

Ja. Er hatte Anfang des Jahres eine schwere Herzoperation. Er bekam eine Herzklappe und drei Bypässe. Das war eine ganz schlimme Zeit. Es war sehr schwer für mich, mich auf meine Wettkämpfe zu konzentrieren, mit den Gedanken war ich immer bei ihm und meiner Familie, weil es einfach auch wichtiger war als mein Sport. Aber es geht ihm wieder viel besser, er schaut auch hier in Oberstdorf auf der Tribüne zu. Ich bin einfach nur glücklich. Alles ist gut.

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