„Ich werde behandelt, als hätte ich Lepra“
Die vom Verein verhängte Kontaktsperre zu seinen früheren 1860-Mitarbeitern ärgert Ex-Finanzchef Ziffzer. Der Prozess auf Wiedereinstellung verzögert sich bis September.
MÜNCHEN Stefan Ziffzer gegen den TSV 1860, der frühere Geschäftsführer gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber – der Prozess vor dem Landgericht München verschiebt sich nun auf September. Warum? Der zuständige Richter ist noch im Urlaub. Erst dann wird über Ziffzers Klage – er will seine Wiedereinstellung erreichen – befunden. Auch wenn viele wenig Verständnis für sein Vorgehen haben, der 56-Jährige sah für sich keinen anderen Weg.
„Soll ich etwa Danke sagen für die fristlose Entlassung? Ich will zurück zu 1860. Ich würde das sonst auch nicht machen“, sagt Ziffzer zur AZ, „mir geht's nicht um Geld. Ich habe keine silbernen Löffel geklaut. Ich gehe davon aus, dass ich im Herbst wieder bei den Löwen in meinem Büro sitzen werde. Deswegen fange ich in meiner Unternehmungsberatung auch noch nicht wieder an zu arbeiten."
Hausverbot
Noch hat Ziffzer, der im Mai Ex-Klubchef Albrecht von Linde attackiert hatte („Dieser Präsident ist eine Schande") und damit dessen Ende als Vereinsoberhaupt einläutete, bei 1860 aber Hausverbot. Er darf das Trainingsgelände an der Grünwalder Straße, auf der die Geschäftsstelle steht, nicht betreten. „Ja, ich habe immer noch Hausverbot. Das wurde vom neuen Präsidium auch nicht aufgehoben", so Ziffzer.
Die 1860-Heimspiele in der Allianz Arena würde er auch gerne besuchen, doch Ziffzer weiß, dass dies auf wenig Gegenliebe stoßen würde: „Man würde sicher nicht Hurra schreien, wenn ich im VIP-Bereich der Allianz Arena plötzlich auftauche." Außerdem ärgert sich der frühere Finanzboss darüber, dass ihm vom Verein eine Kontaktsperre zu den 1860-Mitarbeitern verordnet wurde. „Das ist Scharfmacherei, sonst nix", schimpft Ziffzer, „das macht nicht nur das Leben für die Mitarbeiter bei 1860 sehr schwer, sondern auch für mich: Ich werde behandelt, als hätte ich Lepra. Ich darf mit keinem telefonieren und auch nicht über E-Mails kommunizieren."
Schadensersatzklage
Jetzt trifft man sich vor Gericht. Dabei wollte Rainer Beeck, der neue Präsident des TSV 1860, diesen Weg vermeiden und Ziffzer mit einer sechsstelligen Summe abfinden. Doch das scheiterte am Veto von Vize Franz Maget und dem Aufsichtsrat (AZ berichtete). Der Verein hatte Ziffzer unterdessen per Einschreiben von Vereinsanwalt Guido Kambli mitgeteilt, ihn auf Schadensersatz verklagen zu wollen.
Angeblich auf eine Million Euro. Wegen entgangener Sponsorengelder. „Die Sponsoren werden das Gegenteil sagen", glaubt Ziffzer, dem Sponsor Mahag trotz fristloser Kündigung noch immer einen Dienstwagen (Audi Q7) zur Verfügung stellt: „1860 ist jetzt erstmals in der glücklichen Lage, Geld aus der Wirtschaft annehmen zu können, statt ständig Absagen zu bekommen." Zudem wollen die Löwen von Ziffzer die Lizenz-Provisionen vom letzten Jahr (150000 Euro) und dieser Saison (100000 Euro) zurück.
Übrigens: Heute soll in einer Betriebsversammlung bei 1860 offiziell Ziffzers Nachfolger dem Mitarbeiterstab vorgestellt werden: Prokurist Dr. Markus Kern (35), bislang Ziffzers Adjutant. Der gebürtige Münchner – Einser-Abitur am Benediktiner-Gymnasium Ettal – steigt neben Stefan Reuter zum neuen Geschäftsführer beim Zweitligisten auf.
Oliver Griss