„Ich bin daheim eher der Mitläufer“

Benni Raich könnte sich heute ein olympisches Denkmal setzen – und nach Toni Sailer (1956) und Jean-Claude Killy (1968) als dritter Skifahrer das dritte Gold in unterschiedlichen Disziplinen holen.
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Kann zur Wintersport-Legende aufsteigen: Österreichs Doppel-Olympiasieger Benjamin Raich.
dpa Kann zur Wintersport-Legende aufsteigen: Österreichs Doppel-Olympiasieger Benjamin Raich.

Benni Raich könnte sich heute ein olympisches Denkmal setzen – und nach Toni Sailer (1956) und Jean-Claude Killy (1968) als dritter Skifahrer das dritte Gold in unterschiedlichen Disziplinen holen.

AZ: Herr Raich, haben Sie noch Ski-Träume?

BENNI RAICH: Ich bin grundsätzlich ein sehr motivierter Mensch – weil ich es mag, mich zu vergleichen. So gehen die Träume gewissermaßen niemals aus. Ein Traum wäre es zum Beispiel, nochmals den Gesamt-Weltcup zu gewinnen. Oder ein weiteres Mal Olympiasieger zu werden. Wiederholungen sind Riesen-Herausforderungen - und die liebe ich!

Sie wirken immer so ruhig und ausgeglichen. Sind Sie wirklich so?

Ich habe keinen Spleen und will nicht künstlich was Besonderes an den Tag legen, um eine Show zu liefern. Das würde alles zu kompliziert machen. Ich kann mich zwar sehr ärgern oder sehr Freude, je nachdem - aber das kommt bei mir nicht so extrem 'raus wie bei anderen. Ich bin halt wirklich eher der Ruhige.

Haben Sie Humor?

Auf jeden Fall! Sogar großen Humor, glaube ich. Aber es muss natürlich die richtige Gesellschaft sein.

Und wie sieht es mit dem Weinen aus? Müssen Sie bei Filmen aufpassen, dass nicht plötzlich die Tränen zu fließen beginnen?

Da muss man doch nicht aufpassen – wenn es passieren soll, dann passiert es! Das war bei mir schon öfter der Fall - bei „Schindlers Liste" zum Beispiel, als sie alle an dem Grab vorbei gehen. Da hat es mir die Ganserln aufgestellt.

Welche Filme sehen Sie am liebsten?

Meistens Action- oder Humorfilme. Das entscheidet bei uns mehr die Marlies, ich bin daheim eher der Mitläufer.

Es herrscht in diesem Punkt Gleichberechtigung bei Ihnen beiden. Auch sonst?

Ja, wir sind gleichberechtigt! Aber manchmal muss einer halt sagen, dies oder das machen wir – sonst fällt ja nie eine Entscheidung!

Und wer von Ihnen sagt das immer, was gemacht wird?

Das wechselt sich ab.

Ist es nicht schwierig, eine Beziehung zu führen, bei der beide Personen Hochleistungssportler sind?

Die meisten vermuten, dass wir uns selten sehen – aber das stimmt nicht: wir sind sehr viel zusammen! Ich sehe Marlies bestimmt öfter als jene Skifahrer, deren Frau oder Freundin nicht im Skirennsport tätig sind!

Können oder konnten Sie von Marlies etwas lernen?

Man kann immer was lernen! Auch von einer Partnerin. In punkto Skifahren zum Beispiel habe ich einiges von ihr gelernt. Ich hatte immer gedacht, ich sei professionell. Und das bin ich natürlich auch. Aber wenn man jemand so nahe ist, wie ich Marlies nahe bin, dann entdeckt man Sachen – die man bei Konkurrenten garantiert nicht entdeckt. Weil der Konkurrent sie zu verstecken versucht. Und das ist in einer Beziehung logischerweise nicht der Fall – da hilft man sich grundsätzlich.

Sie haben bei Marlies also Details gefunden, die Ihre eigene Professionalität noch einmal um ein Stück erhöhten. Hat andererseits auch Marlies von Ihnen etwas gelernt?

Es gibt Leute, die sagen, sie fahre jetzt so ähnlich wie ich. Aber das ist ein Blödsinn. Denn als wir zusammen kamen, hatte sie schon längst Weltcup-Rennen gewonnen. Mit dem Von-mir-etwas-lernen wird es wohl so ähnlich sein wie bei mir: Kleinigkeiten, Einstellungs-Sachen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel eine Niederlage nicht so eng sehen. Man meint immer, ich hätte noch nie Niederlagen gehabt. Aber das stimmt nicht. Jeder erleidet Niederlagen. Die Frage ist einfach, wie schnell man da wieder 'raus kommt. Das geht nur mit Lockerheit.

Fahren Marlies und Sie auch gemeinsam Tiefschnee?

Natürlich! Wir gehen im Frühjahr immer auf Tour, genießen gemeinsam die Firnabfahrten.

Ist dies das Schönste am Skifahren?

Außerhalb des Rennfahrens vielleicht schon. Allgemein ist am Skisport schön, dass man sich im Freien bewegt, dass man immer Abwechslung hat - und natürlich die Geschwindigkeit, das ist eh logisch. Speziell im Renn-Bereich wiederum ist toll: der Vergleich!

Sie standen stets im Schatten von Hermann Maier. Wie war Ihr Verhältnis zu ihm?

Das war immer sehr gut. Es ist nicht so, dass wir Freunde sind, wie ich aus meiner Sicht den Begriff Freund definiere. Aber einen richtigen Freund hat man in einem Ski-Team ja sowieso nicht. Ich war immer relativ gut und hatte schöne Erfolge – doch er war immer oben drüber. Er ist immer da gestanden, wenn es um Fernseh-Interviews ging.

Im Pitztal berichten einem die Leute ständig über Ihre Arbeit – man ist sehr stolz auf Sie, Sie sind so beliebt in Ihrer Heimat. Werden Sie nach der Karriere dort bleiben?

Das ist mein Ziel. Ich sehe viele schöne Orte und Regionen rund um die Welt. Aber ich bin immer wieder froh, wenn ich zurück komme: allein schon die Jahreszeiten, alles ist sehr, sehr intensiv im Pitztal! Irgendwann werde ich ein Häuschen dort bauen...

Ihr Vater ist ja Tischler und erstellt fast alle Möbel selbst – wie sieht es mit Ihren handwerklichen Fähigkeiten aus?

Ich bin der Hilfsarbeiter beim Vater - der Handlanger. Ich habe keine zwei linken Hände und bin nicht ganz patschert, aber da ich hauptberuflich Ski fahre, wurde das bei mir nicht so besonders gefördert.

Interview: Jupp Suttner

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