Holzdeppe: „Ich will meinen WM-Titel zurück“
Sein erstes Zwischenziel in dieser Saison hat Raphael Holzdeppe seit gestern erreicht: Als der Deutsche Leichtathletik-Verband sein 45-köpfiges Aufgebot für die Hallen-Europameisterschaft in Belgrad (3. bis 5. März) bekanntgab, stand auch der Name des Stabhochsprung-Weltmeisters von 2013 auf der Liste. Die sehr hoch angesetzte Norm von 5,78 Meter hatte Holzdeppe, der sich am Sonntag mit 5,68 Meter erstmals zum deutschen Hallenmeister gekrönt hat, allerdings nicht erfüllt. Egal: Die EM soll für Holzdeppe der Höhepunkt der Hallen-Saison werden, um danach auch im Freien nach verkorkstem Jahr 2016 richtig durchzustarten. Welche Ziele er sich dann gesetzt hat, verrät er im AZ-Interview.
AZ: Herr Holzdeppe, 2016 war für Sie ein durchwachsenes Jahr, Sie haben sich im Februar verletzt, bei Olympia in Rio sind Sie dann bereits in der Qualifikation gescheitert. Nach dem Gesetz der Serie müsste 2017 für Sie wieder ein sehr gutes Jahr werden.
RAPHAEL HOLZDEPPE: (lacht) Wenn die Serie hält, sollte es ein herausragendes Jahr werden, das war ja bei mir zuletzt immer im Zwei-Jahres-Rhythmus der Fall. Aber mein Ziel ist es eigentlich, im nächsten Jahr die Serie zu durchbrechen, und nach 2017 auch 2018 und danach ein gutes Jahr hinzulegen. Dann findet nämlich die Heim-Europameisterschaft in Berlin statt. Nun liegt aber der Fokus erstmal auf diesem Jahr und auf der Weltmeisterschaft im August in London.
Die Wiederholung Ihres WM-Titels von 2013 ist das große Ziel.
Auf jeden Fall! Ich möchte meinen Titel gerne zurückhaben. Ich trainiere dafür, in London ganz oben zu stehen – und Gold zu holen.
Ski-Ausflüge in die Alpen, Motorradtouren um den Tegernsee
Von 2012 bis 2014 haben Sie ja in München trainiert, auch in der Stadt gelebt. Wie sind Ihre Erinnerungen an diese Zeit?
München ist eine Stadt, die sehr, sehr viel bietet. Ich bin leidenschaftlicher Skifahrer, da war es schon sehr angenehm, mal eben in einer Dreiviertelstunde den nächsten Lift zu erreichen. Und auch die Seen – Ammersee, Tegernsee, Starnberger See – bin ich im Sommer alle mit dem Motorrad abgefahren. Ich habe mit Freunden Touren bis nach Österreich gemacht. Das hat mir alles sehr gefallen.
Trotzdem sind Sie nach zwei Jahren zurück in Ihre Heimat nach Zweibrücken gegangen.
Im Endeffekt war ausschlaggebend, dass ich viel Zeit und Energie auf der Strecke gelassen habe. Ich bin fast jedes Wochenende nach Saarbrücken zu meiner Freundin, die jetzt meine Verlobte ist, gependelt Oder sie zu mir nach München. Ich habe dann 2014 gemerkt, dass das dem Körper alles andere als gut getan hat, meine Leistungen sind schwächer geworden, ich war verletzungsanfällig. So ist mir die Entscheidung leichter gefallen, die schönste Stadt Deutschlands zu verlassen.
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Ihre Verlobte, Sosthene Moguenara, ist Weitspringerin, im vergangenen Jahr schaffte sie mit 7,16 Meter die drittbeste Weite, die je eine deutsche Springerin erreicht hat. Ist es für Leistungssportler schwierig, eine Beziehung zu führen?
Ach, das geht. Dadurch, dass wir dieselbe Sportart – Leichtathletik – machen, haben wir dieselbe Saisonplanung und somit etwa zur selben Zeit frei. Sie trainiert in Saarbrücken, ich in Zweibrücken, so dass wir uns abends oft sehen.
In Deutschland scheint die Fremdenfeindlichkeit zuzunehmen. Macht Ihnen das Sorgen oder haben Sie selber schon negative Erfahrungen wegen Ihrer Hautfarbe gemacht?
Ich selber bin zum Glück noch verschont worden. Das ist ja mittlerweile ein weltweites Problem, schauen Sie in die USA, wo komplette Bevölkerungsgruppen ein Einreiseverbot erhalten sollten. Man muss den Menschen klarmachen, dass die Angst vor Fremden unbegründet ist, dass zum Beispiel die Radikalen unter den Muslimen nur eine kleine Minderheit sind. Die schwarzen Schafe gibt es in jeder Gesellschaft.
Sehen Sie und Ihre Verlobte sich auch als Botschafter für ein weltoffenes Deutschland?
Ich denke, als Sportler hat man generell eine Vorbildfunktion. In kaum einem anderen Zusammenhang sieht man Menschen so vieler verschiedener ethnischer Herkunft zusammen wohnen, zusammen essen, sich im Wettkampf messen. Der Sport hat immer etwas Verbindendes.