Hört Höfl-Riesch nach Sotschi auf? "Die Chancen stehen 50:50"

Nach Gold in der Kombi und Platz 13 in der Abfahrt gilt es am Samstag wieder für Maria Höfl-Riesch: Im Super-G (8 Uhr, ARD) hat sie Medaillenchancen.  In der AZ spricht ihr Vater Sigi über Sotschi, katastrophale Bedingungen und das mögliche Karriere-Ende Marias nach Olympia.
von  Thomas Becker

Nach Gold in der Kombi und Platz 13 in der Abfahrt gilt es am Samstag wieder für Maria Höfl-Riesch: Im Super-G (8 Uhr, ARD) hat sie Medaillenchancen.  In der AZ spricht ihr Vater Sigi über Sotschi, katastrophale Bedingungen und das Karriere-Ende.

AZ: Herr Riesch, am heutigen Samstag geht Ihre Tochter Maria im Super-G wieder auf Medaillenjagd. Wie haben Sie denn die erste Olympia-Woche im heimischen Büro erlebt? Sind Sie überhaupt zum Arbeiten gekommen?

SIGI RIESCH: Ach, das geht schon. Wir haben ja kurze Wege hier: Das Fanklub-Lokal liegt direkt unterhalb vom Büro. Das ist schon ein Vorteil. Ich habe gerade, ungefähr zum 50. Mal, in den Wetterbericht reingeschaut: Das ist ja eine Katastrophe da drüben! Wenn es mal wenigstens gegen Null gehen würde! Aber da hat's ja in der Nacht schon Plusgrade. So ein Sumpf, in dem die da rumfahren müssen! Das ist total anstrengend, eine Katastrophe für die Skifahrer – und für die Maria gleich doppelt.

Wieso das?

Sie ruft ihre Stärken halt bei vernünftigen Bedingungen ab – und davon sind wir derzeit weit, weit weg. Wenn ich schon sehe, wie die bei der Abfahrt mit den Salzeimern rumlaufen und tricksen, dann krieg' ich die Krise. Jeder Skifahrer mag es eigentlich lieber hart und eisig, aber es gibt schon welche, die sich mit diesem weichen Geläuf besser zurechtfinden.

Sind Sie dennoch optimistisch?

Es kann alles passieren. Rein von den Vorzeichen her ist es für die Maria schon nicht so toll. Sie wird trotzdem alles versuchen, aber man darf auch nicht vergessen, dass das Weltcup-Programm vorher nicht gerade schonend war.

Nach Platz 13 in der Abfahrt sagte sie, sie fühle sich so müde wie noch nie in dieser Saison – und das ausgerechnet bei Olympia.

Das ist halt einfach ein Wahnsinnsprogramm. Der Weltcup hat ihr auch keine Luft zum Verschnaufen gelassen. Auch die Trainings fährt man ja nicht mal eben so auf einem Ski runter – das ist ja genauso anstrengend wie ein Rennen. Aber sie bekommt ja vom Heini Bergmüller (Höfl-Rieschs Konditionstrainer, Anm. d. Red.) ständig Tipps zur Regeneration.

Haben Sie mit ihr gesprochen nach der Abfahrt?

Meine Frau hat mit ihr gesprochen. Maria weiß, dass sie da grottenschlecht gefahren ist.

Wären Sie da nicht lieber bei ihr in Sotschi gewesen?

Ursprünglich war geplant, dass wir da hinfahren, aber wie ich dann gehört habe, wie das da alles abläuft... Wir hatten keine Chance, in den Hotels in Krasnaja Poljana unterzukommen, sondern hätten auf jeden Fall in Sotschi wohnen müssen. Dertour hat ja so eine Art Monopolvermarktung, und so hätten wir mit einer Reisegruppe jeden Tag die 70, 80 Kilometer da hochfahren müssen. Nachher wird man wieder zurückgefahren und sitzt dann in Sotschi. Wenn die im Deutschen Haus feiern, können wir am Strand spazieren gehen. Das war uns alles zu vage. Wenn in einer vernünftigen Stadt wie Oslo Olympia ist, dann buche ich selber ein Jahr vorher das Hotel und die Eintrittskarten. Aber hier ist man in so einem Klüngel gefangen und kommt dem schlecht aus.

Sie hätten Ihre Tochter nur aus der Ferne gesehen.

Vielleicht. Mal zusammen zum Abendessen: Das wäre wohl alles nicht möglich gewesen. Und finanziell ist man auch schnell bei 20.000 Euro für zwei Wochen. Das sind ja horrende Hotelpreise, die die da anbieten. Aber das war nicht der Hauptgrund.

Was erzählt denn Maria von Krasnaja Poljana?

Im Olympischen Dorf muss es sehr gut sein. Unterkunft und Essen sind okay, da gibt es nichts zu meckern. Und ihr Mann Marcus hat ein Zimmer im offiziellen Bereich eine Etage tiefer, so dass sich die beiden auch mal treffen.

Was ist denn noch drin? Gibt’s nochmal Gold?

Ihr Ziel war eine Medaille bei Olympia. Maria ist ja nicht utopisch. Mit der einen Medaille hat sie ihr Soll erfüllt. Was jetzt kommt, ist die Zugabe.

Was trauen Sie ihr in der kommenden Woche noch zu? Am Dienstag steht noch der Riesenslalom an...

Das ist jetzt nicht ihre stärkste Disziplin, findet aber auf einem mittelsteilen Hang statt, was ihr eher entgegen kommt als wenn da wahnsinnige Steilhänge drin sind. Aber da ist sie nur Außenseiterin.

Und zum Schluss wartet am Freitag noch der Slalom.

Das wird richtig schwer gegen Spezialistinnen wie die beiden Schilds, die Shiffrin oder die Schwedin Hansdotter. Obwohl: Im Weltcup hat die Maria ein paar Mal auf dem Podest gestanden. Aber das war alles bei vernünftigen Bedingungen. Bei diesem Katastrophen-Slalom in Kranska Gora mit 1,5 Metern Neuschnee-Sumpf hätte sich die Shiffrin auch beinahe überschlagen.

Nach Sotschi wird Maria wohl erst mal heilfroh sein, dass alles vorbei ist...

Der Hype ist heftig. Es prasselt unheimlich viel auf sie ein, im Vorfeld schon. Und dann noch die Fahne tragen! Das hat ihre Popularität nochmal gehoben. Es ist zwar nur ein kurzer Auftritt, hat aber eine große Außenwirkung. Sie war so stolz, dass sie das machen durfte! Da war sie ganz euphorisch.

Und Sie zuhause wahrscheinlich auch, oder?

Jaja, natürlich. Ich hab's sogar aufgenommen. So was muss man sich schon zur Seite stellen, für die Enkel oder wen auch immer.

Apropos Enkel: Wissen Sie schon, wann es soweit sein könnte? Wird Maria nach dieser Saison die Ski an den berühmten Nagel hängen?

Ich würde sagen, die Chancen stehen 50:50. Und wenn sie überhaupt weitermacht, dann nur noch ein Jahr. Aber ich weiß es definitiv nicht – und sie kann es auch noch nicht sagen. Sie wird wohl vor dem Weltcupfinale Mitte März in Lenzerheide eine Entscheidung treffen.

 

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