Hoeneß macht Staat – und Kalle Wahlkampf

Ein früherer Termin war nicht möglich, am Samstagnachmittag war es soweit: Der FC Bayern wurde von Beckstein für das Double 2008 geehrt. Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hoffte in seiner Rede auf eine CSU-Alleinherrschaft. Doch gefeiert wird nur Manager Uli Hoeneß.
von  Abendzeitung
Noch eine Stunde nachdem Team, Trainer und Betreuer des FC Bayern die Staatskanzlei verlassen hatten, war Manager Uli Hoeneß für die Fans da.
Noch eine Stunde nachdem Team, Trainer und Betreuer des FC Bayern die Staatskanzlei verlassen hatten, war Manager Uli Hoeneß für die Fans da. © az

Ein früherer Termin war nicht möglich, am Samstagnachmittag war es soweit: Der FC Bayern wurde von Beckstein für das Double 2008 geehrt. Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hoffte in seiner Rede auf eine CSU-Alleinherrschaft. Doch gefeiert wird nur Manager Uli Hoeneß.

MÜNCHEN Uli Hoeneß hatte keine Chance. Es gab schlicht kein Entkommen. Auf den Stufen, draußen vor der Staatskanzlei mit Blick in den Hofgarten, stellten sie ihn. Als letzte Zuflucht blieb das Rednerpult, da konnte sich der Verfolgte abstützen. Und wenn der Bayern-Manager weg wollte, spielte sich – beinahe hundertfach – folgender Kurzdialog ab: „Auf Wiederschau’n!“ – „Herr Hoeneß, ein Foto, bitte!“ – „Okay. Danke. So. Ich muss jetzt. Auf Wiederschau'n!“ – „Herr Hoeneß, ein Foto, bitte!“ – „Okay.“

Über eine Stunde ging das so. Über eine Stunde nachdem Team, Trainer und Betreuer des FC Bayern (Ottmar Hitzfeld und Oliver Kahn waren nicht dabei) schon längst verschwunden waren. Hoeneß schrieb Autogramme, lächelte in Kameras, diskutierte. Er bekam zahlreiche Geschenke von Fanclubvorsitzenden, um den Hals trug er einen Bayern-Schal, trank zwischendurch einen Schluck aus einem Bier, das ihm gereicht worden war.

Wer den offiziellen Empfang, den der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein und seine Frau Marga zu Ehren des FC Bayern „als Anerkennung für den Gewinn der Meisterschale und des DFB-Pokals 2008“, gegeben hatten, verpasste, musste glauben, dass Hoeneß am Samstagnachmittag zum neuen König des Freistaates ausgerufen worden ist. Mindestens aber zu Becksteins Nachfolger. Hoeneß macht Staat.

Rot plädiert für die Schwarzen

Dabei hatte er nicht einmal gesprochen im offiziellen Teil vor knapp 1000 Gästen, der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge nutzte das Rednerpult in seinem eigentlichen Zweck. Nettigkeiten gab es, für Beckstein und die CSU. Etwa: „Wann immer wir ein Problem, etwa mit dem Stadion, hatten, haben wir hier stets ein offenes Ohr und eine offene Tür gefunden. Das ist eine wunderbare Partnerschaft.“ Bayern und der FC Bayern. Unter Amigos hält man zusammen. So trat Rummenigge im allgemeinen Komplimente-Machen plötzlich als Wahlkämpfer auf: „Alles Gute, Herr Beckstein! Auf dass Sie hier ab dem 28. September in Alleinherrschaft regieren können.“ Dann ist Landtagswahl. Und die Zuhörer, die Bayern-Fans, hatten so noch eine Gratis-Empfehlung mit auf den Heimweg bekommen. Rot plädiert für die Schwarzen, die noch um ihre absolute Mehrheit zittern müssen.

Und das, weil die Roten von den Roten, der SPD, ständig geärgert werden? Vor allem in Person von Münchens OB Christian Ude?

Am 17. Mai war es im Rathaus zum Eklat gekommen, als Rummenigge Ude scharf attackierte, weil der wegen seines Urlaubs auf Mykonos der Meisterfeier fern geblieben war. „Man hat den Eindruck, der FC Bayern ist ein Übel, das auch noch Erfolg hat“, polterte Rummenigge damals, „damit muss Schluss sein. Ein für alle Mal.“ Der Bayern-Boss forderte den OB ultimativ auf: „Ändern Sie Ihre Politik!“ Ude stellte darauf weitere Meisterfeiern der Bayern auf dem Rathausbalkon in Frage. Der Streit ist noch nicht beigelegt.

Als bekennender Club-Fan ausgepfiffen

Beckstein wurde dann doch noch ausgepfiffen – gänzlich unpolitisch. Als bekennender Club-Fan. „Ich bin ja in Nürnberg geboren“, sagte er in seiner Rede – unterbrochen von Pfiffen und Buhrufen. Dabei hatte er sich so bemüht um gutes Wetter, einen Ehrenteller des Freistaates überreicht. „Der FC Bayern ist der wichtigste Repräsentant des Freistaates Bayern, der Bayerns Ruf in die ganze Welt hinausträgt.“ Nette Worte. „Ich wünsche dem neuen Trainer und der Mannschaft hier Erfolg – und ausnahmslos Siege in der ganzen Saison.“ Klar, weil der Club in der Zweiten Liga spielt. Er erntete Gelächter.

Dafür hatte der Doppelpass mit Rummenigge bestens geklappt.

Patrick Strasser

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