Hölf-Rieschs Abschiedsmission: Gold kein Muss, aber Wunsch
Trägt sie die deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier in Sotschi? Offen. Auf jeden Fall aber steht Maria Höfl-Riesch für große Goldhoffnungen im deutschen Olympia-Team. Ihre zweiten Winterspiele könnten die Krönung einer großartigen Sportlerkarriere werden.
Krasnaja Poljana – Goldener Glanz soll wieder her! Vier Jahre nach ihrem Winterspiel-Märchen von Vancouver will sich Maria Höfl-Riesch ruhmreich von der Olympia-Bühne verabschieden. „Natürlich sind die Ansprüche für Olympia nach den vielen Erfolgen der letzten Jahre hoch. Ich will um Medaillen mitkämpfen. Aber man kann nichts erzwingen“, erklärte eine der ganz großen deutschen Goldhoffnungen. Mit im olympischen Gepäck: „Anspannung und Aufgeregtheit“.
Aber nach dem doppelten Triumph 2010 reiste die 29-Jährige auch mit „ein bisschen weniger Druck“ an. Das Abfahrtstraining am Donnerstag ist Höfl-Rieschs Startschuss für ihre Abschiedsmission im Zeichen der Ringe. „Endlich geht's los und hoffen wir dass alles gut läuft.“ Der erste Eindruck jedenfalls passt. „Perfektes Wetter und ein großartiger Blick“, twitterte sie am Mittwoch ein Bild des sonnenüberfluteten Alpin-Areals von Rosa Chutor.
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Praktisch perfekt lief es vor vier Jahren in Kanada. Höfl-Riesch steuerte wie Biathletin Magdalena Neuner zwei Siege bei. Die beiden Golden Girls legten damit ein stabiles Fundament für Platz zwei im Medaillenspiegel. Viktoria Rebensburg sorgte mit ihrem etwas überraschenden Olympiasieg im Riesenslalom dafür, dass ein drittes Mal die deutsche Hymne für eine deutsche Skirennfahrerin in den Bergen von Whistler erklang. Der Auftritt der Alpinen mit drei Triumphen war glorreich wie seit den goldenen 1990ern um Katja Seizinger nicht mehr.
Drei olympische Plaketten hätten die deutschen Skirennfahrer auch in Sotschi gerne. „Das Team ist klein und fein, aber drei Medaillen können wir erreichen“, erklärte Alpindirektor Wolfgang Maier. Der große Trumpf neben Höfl-Riesch: Der WM-Zweite im Slalom, Felix Neureuther. Rebensburg sieht sich derweil nach einer Saison mit gesundheitlichen Problemen als „Jägerin“, wie sie auf der Reise gen Russland erklärte. „Ich werde alles geben und dann schauen wir was rauskommt.“ Ein Podestplatz glückte ihr gleich zum Saisonauftakt.
In vier der fünf Olympia-Disziplinen fuhr Höfl-Riesch, die auch eine Kandidatin bei der Kür zur Fahnenträgerinnen ist, in einem wechselhaften bis wunderbaren Weltcup-Winter auf das Podest. „Die Saison läuft nicht perfekt, aber sehr gut“, beschrieb die Gesamtweltcupführende, der die olympische Generalprobe mit Platz 23 missglückte. Doch angesichts der Stehauf-Qualitäten, die Höfl-Riesch bei ihren erfolgreichen Weltmeisterschaften 2009, 2011 und 2013 ebenso wie in Vancouver an den Tag legte, ist das kein Problem.
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Edelmetall trauen ihr die Experten in nahezu allen Disziplinen zu, am größten sind die Chancen beim Ringe-Spektakel in Abfahrt und Super-Kombination. Eine Wunschmedaille wäre „natürlich“ die in der Abfahrt. „Das ist die Königsdisziplin. Ich habe die Abfahrt vor zwei Jahren in Sotschi gewonnen, bin in der Abfahrt im Moment sehr gut drauf. Aber das heißt noch alles gar nichts“, mühte sich die „Sportlerin des Jahres“ 2010. Wie Rosi Mittermaier und Seizinger feierte sie damals als Doppel-Olympiasiegerin. Ein Gold fehlt, um zu Seizinger aufzuschließen.
Auch wenn Höfl-Riesch, seit 2001 im Weltcup unterwegs, schon über 350 Weltcup-Rennen und fünf Weltmeisterschaften bestritten hat – ein Olympia-Routinier ist sie keineswegs. 2002 war sie zu jung, 2006 fehlte sie verletzt. Jetzt darf sie noch einmal die größte Bühne ihrer Sportwelt genießen.
„Olympische Spiele sind was Besonderes. Noch dazu, weil ich erleben durfte, was es bedeutet, Doppel-Olympiasiegerin zu werden. Das Bewusstsein, man bekommt jetzt wieder die Chance, etwas so Außergewöhnliches zu schaffen, das bringt schon Kribbeln mit rein“, gestand die Partenkirchenerin. Auf dem Weg in die Sotschi-Saison ging Höfl-Riesch im Konditionstraining noch einmal neue Wege; alles wurde für das große Ziel getan. Beim Saisonhöhepunkt soll ihr ein neuer Helm im Leopardendesign Glück bringen.
Und nach der Olympia-Saison? Das, so orakelt Höfl-Riesch immer wieder und wird allzu oft auf das Karriereende angesprochen, sei offen. Das erträumte Gold in Sotschi, dann vielleicht der Gesamtweltcupsieg und ein Rücktritt auf dem Höhepunkt der Karriere? Sehr gut möglich. Eine weitere Saison mit der WM in Vail 2015? Auch nicht ausgeschlossen. Ihr Ausgang bei den Reißbrett-Spielen in Russland wird wohl den weiteren Weg weisen.