Heidfeld im Gegenwind
BARCELONA - Der Wind dreht sich für Nick Heidfeld bei BMW: Der deutsche BMW-Pilot patzt. Und sein Rivale macht sich bei den Chefs beliebt.
Nick Heidfeld, der derzeit beste deutsche Formel-1-Fahrer, ärgerte sich. Kein Wunder, schließlich hatte der Horror- Crash von Silberpfeil-Pilot Heikki Kovalainen in Barcelona auch sein eigenes Rennen verdorben. Weil das Safety Car auf der Strecke war, musste Heidfeld in seinem BMW die rote Ampel an der Boxengasse überfahren und eine Strafe in Kauf nehmen. „Die Alternative wäre gewesen", sagte Heidfeld, „ohne Benzin auf der Strecke liegen zu bleiben." Mit vollem Tank und Zeitstrafe aber schaffte er es zum ersten Mal in dieser Saison nicht in die Punkteränge.
Am Ende wurde er Neunter. Ärgerlich, gewiss. Vor allem, weil sein Teamkollege Robert Kubica langsam zum Problem wird für Heidfeld. Zum ersten Mal überhaupt liegt der junge Pole nun mit 19 Punkten vor dem Deutschen in der Fahrerwertung. Heidfeld hat drei Punkte weniger – und war außerdem in allen vier Qualifyings langsamer als Kubica. Wenn es in der Formel 1 um die Bewertung einzelner Fahrer geht, ist das ein gern angeführtes Kriterium. „Robert ist momentan der Schnellere von beiden", sagte also BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen.
„Nick muss einfach zulegen",
Eine eigentlich logische Aussage. Eine, die Heidfeld durchaus ernst nehmen sollte. Theissen ist eigentlich als Meister der leisen Töne bekannt, so klare Aussagen über die Qualitätsunterschiede seiner Fahrer bekommt man vom Ingenieur mit den feinen Manieren eigentlich nur selten zu hören. Noch deutlicher als Theissen bildet Team-Mitteilhaber Peter Sauber die Stimmungslage bei BMW ab. „Nick muss einfach zulegen", sagte der Schweizer rundheraus.
Der Wind dreht sich für Heidfeld bei BMW. Momentan trauen viele wohl eher Kubica den ersten Sieg für den Münchner Rennstall zu, auf den die Weiß-Blauen so hartnäckig hinarbeiten. Natürlich möchten Theissen und Sauber den Mönchengladbacher mit ihren Aussagen auch an der Ehre packen, ihn anstacheln. Tatsächlich aber könnten sie den sensiblen und oft in sich gekehrten Heidfeld eher traurig machen. Denn Heidfeld hat mehr als feine Sensoren für atmosphärische Strömungen – und besonders für Gegenwind aus dem eigenen Stall.
Unter Druck ist Heidfeld ohnehin schon seit einigen Wochen. Spätestens seit Kubica in Bahrain die erste Pole-Position für BMW geholt hat. „Natürlich hat mich das geärgert, das hätte lieber ich selbst geschafft", sagte Heidfeld am vergangenen Donnerstag – um dann am Samstag wieder langsamer zu sein als der kantige und schweigsame Pole. Und selber schuld war Heidfeld obendrein. Mit ordentlicher Wut im Bauch scheuchte Heidfeld in der Qualifikation seinen Boliden – so sehr, dass er sich mehrmals in der selben Schikane verbremste. Dies erkannte sogar sein Ex-Kollege und Freund Heinz-Harald Frentzen. Also rief der 40-Jährige mitten im Kampf um die Startplätze von Monaco aus bei Heidfelds Renningenieur an, um seinem Kumpel mit seiner Ferndiagnose zu einer entspannteren Fahrweise zu bewegen. Doch alle Tipps halfen nicht. Heidfeld fuhr weiter verbissen.
Rückschläge scheinen ihn zu bremsen
Es hat beinahe schon verbissen gewirkt. „Nick müsste jetzt eine breite Brust machen und die Ingenieure und Mechaniker mit einem positiven Auftreten auf seine Seite ziehen", sagt ein Schweizer Teammitglied. Aber der mitreißende Umgang mit der Truppe ist Heidfelds Sache nicht unbedingt. Rückschläge gehen ihm eher unter die Haut – und scheinen ihn derzeit eher zu bremsen als schneller zu machen.
Willi Weber, den beinahe schon legendären Manager von Rekordweltmeister Michael Schumacher, überrascht das überhaupt nicht. „Nick ist ein guter, aber kein Top-Pilot", sagte er zur AZ, „ich könnte Ihnen sofort fünf Fahrer nennen, die seinen Job auf Anhieb mindestens genauso gut machen würden wie er." Der Gegenwind nimmt zu für Nick Heidfeld.
Filippo Cataldo/Peter Hesseler