Haye vs. Chisora: Lizenz zum Aufreger
Wer Klitschko-Kämpfe unspektakulär und die Dominanz der Brüder langweilig findet, bekommt am Samstag ein Gegenprogramm: In London boxen Haye und Chisora.
London - Die unumstrittenen Könige des Schwergewichts, sie heißen Klitschko. Wladimir, Weltmeister der Verbände WBO, WBA, IBF und IBO, und Vitali, Champion der WBC, halten alle wichtigen Titel. Doch die Überlegenheit der Box-Brüder ist so groß, dass die Fights regelmäßig zu umwerfenden Prügelstrafen werden. Spannung kommt da – wie man gerade bei Wladimirs Sechs-Runden-Demontage von Pflichtherausforderer Tony „Tiger“ Thompson am Samstag gesehen hat – nur selten auf. Mit 8,36 Millionen Zuschauern vor den Fernsehgeräten, war das Interesse – für Klitschko-Verhältnisse – eher bescheiden.
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„Die Klitschkos stehen soweit über allen, dass man ihre Kontrahenten nicht als Gegner, sondern als Opfer bezeichnen sollte“, sagt Sven Ottke, der 2004 als ungeschlagener Supermittelgewichts-Champion abgetreten ist. Am Samstag kommt es nun zu einem Duell, das Spannung garantiert. Passenderweise firmiert der Fight unter dem Motto „Licensed to thrill“ – die Lizenz zur Erregung, zum Aufreger. Im Londoner Fußballstadion von West Ham United kommt es zum Hass-Duell der Erzfeinde David Haye und Dereck Chisora. Die Briten hatten sich im Februar in den Katakomben der Münchner Olympiahalle bei der Pressekonferenz nach der Niederlage Chisoras im WM-Kampf gegen Vitali Klitschko eine üble Keilerei geliefert, bei dem mit Flaschen und schweren Kamerastativen aufeinander eingeprügelt wurde. Der mehrfach vorbestrafte Chisora, der schon am Tag zuvor Klitschko beim Wiegen geohrfeigt und Bruder Wladimir im Ring angespuckt hatte, hatte daraufhin angekündigt, Haye zu „erschießen“. Der britische Verband sperrte Chisora „auf unbestimmte Zeit“, Haye, der ein paar Monate zuvor zurückgetreten war, hatte auch keine Lizenz. Der deutsche Verband BDB wollte sogar für beide Fighter einen lebenslangen Lizenzentzug durchsetzen – jetzt kämpfen beide mit Luxemburger Lizenz. Regeln und oder Sperren standen im Boxsport einem guten Zahltag eben noch nie im Weg.
Eigentlich hatte Haye sich geweigert, gegen Chisora in den Ring zu steigen, doch Chisora (2010 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er seine Freundin verprügelt hatte) wurde zum Stalker. Er nutzte Twitter und Facebook, um immer darüber informiert zu sein, wo sich Haye in London aufhielt. Wann immer der „Hayemaker“ in einem Restaurant oder einer Disco war, bekam er zu hören, Chisora habe sich angekündigt. In einem Londoner Restaurant kam es dann zum Aufeinandertreffen der Box-Gockel. „Chisora ist ein Psychopath“, sagte Haye. Chisora behauptet, Haye habe ihn in dem Lokal mit einem Messer bedroht. „Ich habe ihm nur gesagt, er soll verschwinden, weil meine Jungs kommen und jeder ihn fertig machen will. Er hat dann wie ein Mädchen mit einem Messer rumgefuchtelt.“ Haye erklärt die Szene so: „Ich habe ein Steak gegessen, da hat man halt ein Messer. Aber für ihn brauche ich keine Messer, ich habe ihn in München ausgeknockt, ich werde es in London wieder tun.“
Jetzt kommt es also am Samstag zum Showdown im Ring. „Chisora ist dämlich und boxt auch so, er wird den Hayemaker spüren und bewusstlos zu Boden gehen“, verspricht Haye. Chisoras Konter: „Im Ring werde ich zum Tier!“ In Deutschland überträgt der Pay-TV-Sender Sky Select den Kampf exklusiv ab 22 Uhr. Der Sieger ist übrigens als Gegner für einen der Klitschko-Brüder – voraussichtlich Vitali – im Gespräch. Vitalis Coach Fritz Sdunek: „Ich finde es gut, dass die ganze Sache zwischen den beiden im Ring geklärt wird. Dort gehört es hin.“
