Happy End: Mannheim wieder Eishockey-Hauptstadt
Ingolstadt - Nach acht Jahren Durststrecke Freude sich die neuen deutschen Eishockey-Champions auf die wilde Meister-Sause. "Das bisschen Kraft, das wir noch im Tank haben, werden wir raushauen!", versprach Christoph Ullmann noch am Abend des erlösenden 3:1-Finalsieges beim entthronten ERC Ingolstadt. Der Nationalstürmer war völlig geplättet, doch gleich darauf spielte er die Stimmungskanone mit seiner umgedichteten Version von Helene Fischers "Atemlos" bei der feuchtfröhlichen Heimfahrt im Teambus.
Mannheim ist auch dank der Leistungen des zum wertvollsten Spieler der Finalserie gekürten Hecht wieder die Eishockey-Hauptstadt Deutschlands. Nach einer starken Hauptrunde und kaum glaublichen Comebacks in den Playoffs völlig verdient. Erfolgscoach Geoff Ward verglich den Sieg sogar mit dem Gewinn des Stanley Cups in der NHL als Co-Trainer 2011 in Boston. "Es fühlt sich ähnlich an", sagte er durchnässt nach der obligatorischen Bierdusche durch seine Spieler.
Ein leicht blutender Cut an der rechten Wange störte den Trainer nach dem Gewinn des siebten Mannheimer Meistertitels nicht - beim Jubel über das erlösende dritte Tor durch Jonathan Rheault Sekunden vor der Schlusssirene hatte Ullmann seinem Trainer den Schläger aus Versehen ins Gesicht gehauen. Doch an Schmerzen hatten sich die Adler in den vergangenen Jahren voller Enttäuschungen mit dem Fast-Titel 2012 und dem erschreckend frühen Playoff-Aus im Viertelfinale 2013 gewöhnt.
"Das war alles Lehrgeld, das wir bezahlt haben", erinnerte Ullmann, der wie Kapitän Marcus Kink und Stürmer Ronny Arendt schon bei der bis dato letzten Mannheimer Meisterschaft 2007 auf dem Eis stand. "Du kämpfst und ackerst und fightest, und am Ende fällt die ganze Last von dir ab. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl." Wie kaum ein anderer weiß Ullmann, was dieser Titel für das eishockeyverrückte Mannheim bedeutet: "Die ganze Region hat gelechzt danach."
Tausende Fans in der heimischen SAP Arena ließen es sich am frühen Donnerstagmorgen nicht nehmen, ihre aus Ingolstadt heimkehrenden Helden zu feiern. Gegen halb vier Uhr in der Früh präsentierten die Cracks in weißen Meister-Shirts den Anhängern den Pokal, am Nachmittag stand dann schon ein Empfang im Rathaus an.
In einer spannenden Finalserie, die nach Spiel drei und einem 6:1 der Ingolstädter in Mannheim zugunsten der Oberbayern zu kippen schien, hatten die Adler am Ende einfach mehr Kraft und den besseren Kader. "Herz und Leidenschaft" erkannte Nationaltorhüter Dennis Endras als Erfolgsfaktoren und betonte: "Wir waren ein eingeschworener Haufen, jeder kämpfte für jeden. Es hat jeden Tag Spaß gemacht." An die anstehende Saison-Draufgabe mit der Nationalmannschaft bei der WM in Prag wollte er erst einmal nicht denken.
Angeführt von Hecht, der nach dem Rückstand durch ERC-Profi Christoph Gawlik (29. Minute) den wichtigen Ausgleich von Kurtis Foster (32.) vorbereitet hatte, spielten die Mannheimer ihre ganze Routine aus. Andrew Joudrey (43.) erzielte das zweite Tor. "Wir haben Vertrauen in uns gehabt, egal was kommt", sagte Hecht.
Für den 37-Jährigen schloss sich nach den zwei Titeln 1997 und 1998 in Mannheim ein Kreis - und ein Jahr Vertrag hat der Stürmer ja noch bei den Adlern. "Den Alten haben wir mitgezogen", scherzte Ullmann, ehe er voller Anerkennung in Richtung Hecht unterstrich: "Der hat schon so viele Schlachten geschlagen, so etwas ist Gold wert."
Die Ingolstädter zeigten sich als faire Verlierer, auch wenn Kapitän Patrick Köppchen den kleinen Pokal als DEL-Vizemeister frustriert einem Betreuer in die Hand drückte. "Es ist ein blödes Gefühl, die Mannheimer in der eigenen Halle feiern zu sehen", sagte er. Torhüter Timo Pielmeier räumte ein: "Mannheim hat verdient gewonnen. Aber wir brauchen den Kopf nicht in den Sand zu stecken."