Hannis Schneeflöckchen
OBERSTDORF - Sven Hannawald wollte lange vom Skispringen nichts mehr wissen. Nun präsentiert er in Oberstdorf sein Nachwuchsteam: „Ich will dem Sport, der mich geprägt hat, etwas zurückgeben!“
Probleme gab's nur ganz kurzzeitig– in der Drehtür. Da passen selbst die Sprungski von Achtjährigen nicht so ohne weiteres durch. Aber auch das bekamen die vier Knirpse noch hin, das anschließende Foto-Shooting auf und neben dem Rennwagen von Sven Hannawald sowieso, und dann war er auch schon geschafft: der erste Presse-Auftritt des Schneeflöckchen-Teams im Cinecenter Oberstdorf. Es wird mit Sicherheit nicht der letzte gewesen sein.
Als die Teilnehmer der 59. Vierschanzentournee im Ortszentrum Oberstdorfs von den Zuschauern offiziell begrüßt worden waren, schickte sich nur einen Schneeballwurf entfernt ein ehemaliger Springer an, das Kunststück zu schaffen, gleichzeitig einen Schritt nach vorn und einen zurück zu machen. Sven Hannawald, immer noch der bislang einzige Athlet, der alle vier Springen einer Tournee gewinnen konnte, machte sich auf den Weg zurück in die Zukunft – mit den Schneeflöckchen. Und das kam so:
Für Fernsehaufnahmen war Hannawald, mittlerweile ein recht erfolgreicher Amateur-Rennfahrer in der ADAC-Masters-Serie, an seine alte Wirkungsstätte in den Schwarzwald gefahren, an die Schanzen seines Heimatvereins SC Hinterzarten.
Dort traf er seinen langjährigen Trainer Karl Haßler und schaute beim Kindertraining zu. „Teilweise sind die Jungs sogar mit Alpin-Skiern gesprungen“, erzählt er ganz gerührt vom Eifer des Nachwuchses. Es war wieder sein erster direkter Kontakt mit der Sportart, die ihn weltberühmt, aber eben auch krank gemacht hatte. So krank, dass er das Skispringen aufgeben musste, sämtliche Kontakte abbrach und sich mit einem Burn-out-Syndrom in Behandlung begab. Im Motorsport hat er nun eine neue Bestimmung gefunden. Er schwärmt von diesem „süchtig machenden An-die-Grenze-gehen“. Erst die Verankerung in dem neuen Sport ermöglichte es ihm, den alten mal wieder aus der Nähe zu beschnuppern.
Auf der Rückfahrt nach Stuttgart entstand dann mit seinem Manager Axel Watter die Idee. „Ich möchte dem Sport, der mein Leben so nachhaltig geprägt hat, etwas zurückgeben“, sagt Hannawald nun im Oberstdorfer Cinecenter vor einer Journalistenrunde und initiierte für die acht Knirpse seines Heimatvereins SC Hinterzarten das Schneeflöckchen-Team, mit seinem alten Heimtrainer Karl Haßler als Coach.
Er spendierte dazu gleich schicke hellblaue Sprung-Anzüge, Helme und Brillen, alles komplett sponsorenfrei, nur mit einer Schneeflocke drauf. Das Engagement ist zeitlich nicht begrenzt. „Das Team soll schließlich wachsen“, sagt Hannawald. Anfang März wird er das Wettkampf-Finale der Jungen in Hinterzarten besuchen.
Und so marschierten vier der acht Burschen im vollen Sprung-Ornat vor die versammelten Pressemenschen und berichteten mit fester Stimme von ihren bisherigen Taten. Quirin: neun Jahre alt, Bestweite 24 Meter. Linus: neun Jahre alt, Bestweite 19 Meter. Fabrice: acht Jahre alt, Bestweite 24 Meter. Manuel: acht Jahre alt, Bestweite 16,5 oder 18,5 Meter – das wusste er selber nicht mehr so ganz genau. Macht nix, die Reporter waren auch so alle baff angesichts dieser Weiten.
Hannawald selbst hat mit sieben Jahren als Skispringer angefangen, und auch wenn die jungen Hinterzartener mit seinem berühmten Namen wohl wenig anfangen können, sind sie natürlich stolz wie Bolle auf ihre himmelblauen Anzüge – und dass sie für die Fotos sogar auf Hannawalds flotte Corvette steigen dürfen.
Thomas Becker
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