Handball-WM: „Einfach zu blöd“
KRISTIANSTAD - Da bebte Heiner Brands riesiger Schnurrbart: Trotz 21:18-Vorsprung verliert Deutschland bei der Handball-WM gegen Mitfavorit Spanien. Nun muss am Mittwoch ein Sieg gegen Frankreich her.
Es war alles bereitet in der Kristianstad-Arena. Zehn Minuten vor Schluss führte die deutsche Handball-Nationalmannschaft mit drei Toren gegen den Wettfavoriten aus Spanien, Torhüter Johannes Bitter parierte Ball um Ball, und der Rest prallte an der starken deutschen Verteidigung ab. Doch dann kollabierte das Team, kassierte sechs Tore in Folge und verlor das wichtige WM-Vorrundenspiel mit 24:26 (13:13)-Toren. „Wir waren 50 Minuten auf der Siegerstraße, aber wir waren einfach zu blöd und sind selbst schuld", ärgerte sich Regisseur Michael Haaß (Göppingen).
„Wir sind etwas traurig, weil wir auch eine Chance hatten, das Spiel zu gewinnen", sagte Bundestrainer Heiner Brand. „Aber wir haben uns in der Schlussphase einfach zu viele technische Fehler geleistet. Am Ende sprach auch die Erfahrung für die Spanier." Nach der ersten Niederlage steht das Erreichen der Hauptrunde in Frage. Am Mittwoch trifft das Team auf den Titelverteidiger Frankreich, das nun unbedingt bezwungen werden muss, um eine realistische Chance auf den Einzug in das Halbfinale zu haben.
„Wir brauchen hier jeden Spieler", hatte Brand nach dem Auftaktsieg gegen Ägypten betont, und gestern brauchte das Team in der Tat jeden Profi. Denn die 6:0-Abwehr, die sich mit großem Engagement gegen die spanische Offensive stellte, dezimierte sich in der ersten Halbzeit oft - etwas zu oft für den Geschmack des Trainers. Zunächst kassierte Mittelblocker Michael Haaß (Göppingen) in nur sieben Minuten zwei Zeitstrafen. Dann erwischte es seinen Kollegen im Abwehrzentrum, Sebastian Preiß (Lemgo), dem nach der zweiten Strafe ab Minute 17 die Rote Karte drohte. Und dann brachte sich auch Lars Kaufmann (Göppingen), der übermotiviert schien, mit zwei unglücklichen Fouls in die Gefahr eines Feldverweises.
Brand raufte sich die Haare, der riesige Schnurrbart bebte, er musste alle fünf Minuten seine Verteidigung umstellen. Und trotz der 14 Minuten Unterzahl bis zur Pause hielt die deutsche Mannschaft die Partie offen: Am Ende erzielte sie sechs Tore in der ersten Halbzeit in Unterzahl. Das Spiel wogte hin und her.
Nach dem Remis zur Halbzeit ging die Selbstzerstörung weiter: Nach einem Wechselfehler sah Kaufmann Rot (35). Dann musste Preiß vom Platz, als er mit dem Fuß zum Ball ging und Rot kassierte (41.). Der einzige Mittelblocker, der dem Ansturm der Spanier gewachsen war: Oliver Roggisch, der seit der 13. Minute die Abwehr organisierte. Als das deutsche Team einen 13:15-Rückstand (34.) in ein 21:18-Vorsprung (48.) verwandelte, schien der Sieg greifbar nahe. Adrian Pfahl hatte die Chance, per Tempogegenstoß zu erhöhen, scheiterte aber am spanischen Keeper Arpad Sterbik, der schwer in die Partie fand, aber dann seine Klasse demonstrierte.
Entscheidend für den Zusammenbruch aber war, dass man mit der neuformierten spanischen Defensive nicht klar kam. Nach einer Auszeit deckte sie nicht mehr 6:0, sondern 5:1, auf der vorgezogenen Position stellte Garcia Parrondo nun die Räume geschickt zu.
„Uns hat dann einfach die Courage gefehlt, unser Spiel gegen die neue Abwehr durchzuziehen, das ist schade, weil wir sonst so gut gespielt haben", meinte Torhüter Bitter. „Das tut weh, aber wir müssen uns an die eigene Nase fassen, haben es nicht geschafft, unsere Linie durchzusetzen", sagte Brand. Erik Eggers
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