Halb Boxer, halb Politiker

Vitali Klitschko verteidigt am Samstag seinen Weltmeistertitel. In der Vorbereitung bespricht er sich täglich mit seinem politischen Berater und hält Kontakt nach Kiew: Er will Präsident werden.
von  Abendzeitung
Hat ein großes Herz für Kinder: Box-Weltmeister Vitali Klitschko (hier mit Fan Dominik) erhält das Bundesverdienstkreuz.
Hat ein großes Herz für Kinder: Box-Weltmeister Vitali Klitschko (hier mit Fan Dominik) erhält das Bundesverdienstkreuz. © firo/Augenklick

Vitali Klitschko verteidigt am Samstag seinen Weltmeistertitel. In der Vorbereitung bespricht er sich täglich mit seinem politischen Berater und hält Kontakt nach Kiew: Er will Präsident werden.

GELSENKIRCHEN Auszeichnungen ist Box-Weltmeister Vitali Klitschko gewohnt. Er wurde vom inzwischen verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau mal zum „Botschafter für Integration“ ernannt, die Unesco zeichnete ihn als „Champion des Sports“ und für sein soziales Engagement als „Hero for kids“ aus. Er erhielt zwei Mal den Bambi, den Laureus-Award für das Comeback des Jahres, in der Ukraine bekam er den Vaterländischen Orden 1. Klasse für besondere Verdienste um sein Land. Doch jetzt wird dem Ukrainer eine besondere Ehre zuteil. Klitschko erhält am 3.Juni in Kiew das Bundesverdienstkreuz vom deutschen Botschafter Hans-Jürgen Heimsoeth. „Diese Auszeichnung ehrt mich besonders“, sagt Klitschko, der am Samstag (22.10 Uhr, RTL) in der Arena Auf Schalke seinen Titel gegen den polnischen Europameister Albert Sosnowski verteidigt. Klitschko zur AZ: „Dass man mir, einem Ausländer, den höchsten deutschen Orden verleiht, bewegt mein Herz. Es beweist, dass die Deutschen meinen Bruder Wladimir und mich adoptiert haben. Deutschland ist meine zweite Heimat.“

In der Begründung für die Verleihung heißt es: „Klitschko hat sich mit länderverbindendem Engagement um die Förderung der deutsch-ukrainischen Beziehungen verdient gemacht. Durch seinen Einsatz für benachteiligte Kinder ist er in Deutschland DER Ukrainer und darüber hinaus ein Vorbild für die Jugend.“

Diese Ehrung zeigt, dass Klitschko der Absprung gelingt. Raus aus den Boxer-Shorts, rein in die Maßanzüge. Raus aus dem Box-Ring, rein in die politische Arena. Denn Klitschko, der im Juli 39 Jahre alt wird, arbeitet hart an der Karriere nach der Karriere. Er sitzt im Stadtparlament von Kiew und wurde im April einstimmig zum Vorsitzenden der neuen ukrainischen Partei Udar gewählt. Udar heißt so- viel wie Schlag.

„Wir wollen den Wall aus Korruption und Verachtung, den die Mächtigen in unserem Lande um sich herum aufgebaut haben, und der sie von den Menschen, den Bürgern trennt, zerschlagen“, sagt Klitschko, „wir sehen uns nicht so sehr als Partei, sondern als Bürgerbewegung.“

Auch im Trainingslager beim Stanglwirt in Going war Klitschko doppelt präsent: als Boxer und Politiker. Jeden Tag ließ sich Klitschko per Telefonkonferenz über die neuesten Entwicklungen in der Ukraine und seiner Partei informieren. Er hatte einen eigenen politischen Berater (ein ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident) dabei, mit dem er sich täglich besprach. „Wir gehen verschiedene politische Situationen durch“, gibt sich Klitschko etwas diffus, „man muss bereit sein.“

Auch im politischen Kampf gibt sich der Champion siegessicher. „Demokratie wird einem nicht geschenkt“, sagt Klitschko, der schon im Jahre 2004 bei der „Orangenen Revolution“, der friedlichen Demokratiebewegung in der Ukraine, eine herausragende Rolle übernommen hatte. „Wir werden dafür kämpfen und siegen.“ Und am Ende des langen Kampfes steht dann gar das Präsidentenamt der Ukraine, das lange Viktor Juschtschenko inne hatte, dessen Berater Klitschko war? Der Boxer sagt: „Ich denke darüber nach.“

Matthias Kerber

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