Gut so: Neureuther drückt der Schuh
„Da musst du leiden“: Warum der Slalom-Star mit zwei Nummern kleiner unterwegs ist.
SCHLADMING Die erste Investition nach dem Triumph war ein Sixpack an der Tankstelle, auf der Weiterfahrt nach Schladming. Ein Bier-Vorrat für einen kleinen zweisamen Umtrunk am Abend im Hotel mit seinem Spezl Alois Vogl.
Felix Neureuther war von den Socken nach seinem Sieg in Kitzbühel, aber er wirkte nicht, als würde er auch mit dem Preisgeld von 70 000 Euro für den Sieg in Kitzbühel auf großem Fuß leben wollen. Wie auch. Bei diesen kleinen Ski-Schuhen.
„Dich da reinzuzwängen“, sagt Neureuther, „da musst schon extrem leiden.“ Im richtigen Leben hat Felix Neureuther Größe 43, beim Skifahren trägt er 41, so wie am Dienstag auch beim Nachtslalom von Schladming Aber warum?
„Das ist im Weltcup gang und gäbe“, sagt Rudi Huber, der Rennchef von Neureuthers Ski- und Schuh-Ausrüster Atomic, „bei jedem Läufer sind die Schuhe zwei Nummern kleiner als die normale Konfektionsgröße. Es geht um bessere Kraftübertragung und vor allem um ein besseres Gefühl.“ Besseres Gefühl? Klingt sonderbar, ist aber so.
Früher nahm der Rennläufer einen Skischuh in der richtigen Größe, Leerräume zwischen Fuß und Schale wurden mit Schaum aufgefüllt. Nun stellen sich die Läufer bei der Anprobe in viel zu kleine Schuhe. „Dann beginnt die Nachkorrektur“, sagt Huber, „an den viel zu engen Stellen, wird der Schuh nachträglich geschliffen und unter Wärme in die Länge gestreckt, dass er genau passt. Der große Vorteil ist da das Gefühl in den Fußsohlen, wo sehr viele Nerven sind.“ Heißt: Je dichter und enger der Schuh an der Sohle anliegt, desto unmittelbarer die Empfindung des Läufers für Ski und Piste. Herrn Neureuthers Gespür für Schnee.
Die Slalom-Rennläufer benutzen ihren Schuh etwa eine Saison, bei Abfahrern hält er länger. Hermann Maier benützte gleich mehrere Winter hintereinander dasselbe Paar, das er aber auch dementsprechend pflegte. Maier ging damit etwa nie auf Asphalt, nur auf Schnee, gleich nach dem Rennen stülpte er immer Gummischützer über die Schuhe.
Auch Neureuther benutzt seine Schuhe in dieser Saison bereits seit Herbst, nur gelang ihm damit erst nicht viel. Bis vergangenen Donnerstag.
Da fuhr Neureuther den FIS-Slalom von Westendorf, die traditionelle Generalprobe für den Klassiker von Kitzbühel am Sonntag. Nach dem ersten Lauf lag er noch auf Rang 3, dann gab ihm sein Servicemann Hans-Peter Habersatter vor dem zweiten Lauf neue Skier, ein ganz neues Modell.
Und das hatte Erfolg, zu diesem Paar Ski schienen die Schuhe besser zu passen als zu den alten. Denn Neureuther gewann das Rennen noch, am Sonntag folgte dann der Sieg am Ganslernhang, ebenfalls mit dem neuen Modell.
Damit wird er nun auch bei Olympia antreten. Vielleicht holt er damit sogar Gold. Dann würde es ihm wohl die Schuhe ausziehen.
Florian Kinast
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