"Gut, dass Bayern raus ist!"

AZ: Frau Theiss, normalerweise weigern Sie sich, Ihre Gegnerinnen vor einem Kampf zu studieren, jetzt haben Sie Ihre Kontrahentin Su Jeong Lim bei der offiziellen Vorstellung zu diesem Kickbox-WM-Kampf doch schon in Action gesehen. Ist das Ansporn oder Hemmnis für Sie?
CHRISTINE THEISS: Es hat in mir das Jagdfieber geweckt, ganz klar. Was man sieht: Sie tritt nicht gerade wie eine Feder zu, da ist schon ein gewaltiger Bumms dahinter. Aber darauf bin ich vorbereitet. Ich werde ihr kein Ziel bieten. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass es der schwerste und härteste Kampf meiner Karriere wird.
Sie sind extrem erfolgreich, sind zum Gesicht des Kickboxens geworden. Wo der Erfolg ist, sind die Neider nicht weit. In der Kickbox-Szene werden sehr kritische Stimmen an Ihrem Stil und an Ihrer Art laut.
Ich kann, will und werde es nicht allen recht machen. Ich halte es da mit Franz Josef Strauß, der meinte: Everybody’s Darling is Everybody’s Depp. Am Anfang meiner Karriere habe ich immer wieder versucht, Feedback zu bekommen, wie ich wirke, wie ich rüberkomme. Das habe ich aber schon vor langem eingestellt. Ich kann nur ich selber sein. Entweder das mögen die Leute oder sie mögen es eben nicht. Und zu meinem Stil: Ich habe mit meinem angeblich so schlechten Stil bisher noch nie verloren und habe mich sowohl bei den Amateuren als auch den Profis zum Weltmeistertitel gekämpft. Ganz so schlecht ist das dann wohl doch nicht.
Jetzt steht am Samstag Ihr erster Livekampf bei Sat.1 an, direkt nach dem Champions-League-Finale treten Sie an und zu. Das gab es so für das Kickboxen in Deutschland noch nie.
Ich muss sagen: Im Moment ist die Realität schöner als meine Träume. Das ist so gigantisch, so grandios. Das ist eine Chance, die man vielleicht nur einmal im Leben kriegt, die müssen wir als Sport nutzen. Unter dem Aspekt bin ich jetzt sogar froh, dass meine Bayern nicht im Finale der Champions League stehen, sonst wäre ich vor meinem Kampf völlig abgelenkt. Das ist eigentlich das einzig Gute an dieser Saison der Bayern, dass ich mich jetzt ungestört auf den Kampf konzentrieren kann. Sonst hatte man in dieser Saison im Stadion echt manchmal das Bedürfnis, auf Spielfeld zu gehen und so manchen Spieler zu umarmen, um ihn aufzubauen. So ein Gefühl hat man sonst bei den Bayern nie.
Sie sind die Kickbox-Queen, das Pendant zu Regina Halmich im Boxsport, genau wie Halmich sind Sie nun plötzlich auch die Quotenqueen.
Ich muss sagen, Regina hatte es viel schwerer. Zum einen, weil sie die allererste Frau im gesamten Kampfsport war, zum anderen, weil die Männer im Boxen – und das habe ich selber erleben müssen – um vieles verbohrter sind. Die waren 2000 Jahre mit ihrer Sportart unter sich und vertragen es nicht, dass plötzlich Frauen mitmischen und ihren den Rang ablaufen. Da sind die Kickboxer um vieles weltoffener und verständnisvoller.
Halmich schaffte mit zwei Events den Durchbruch: Dem Showkampf gegen TV-Blödler Stefan Raab und als sie für den „Playboy” blank zog.
Nun, ich habe Stefan Raab den Kampf schon mehrfach angeboten, er überhört das jedesmal lieber. Er weiß halt auch, dass er mit Regina nur zwei Probleme hatte – ihre Fäuste. Bei mir hätte er vier, die Fäuste und die Beine. Da ist er schlau genug, es zu lassen. Zu allem anderen sage ich nur: Ich bin für jeden Spaß zu haben, der nicht peinlich ist. Da kann ich mir vieles vorstellen.