Golf-Ass Kaymer: Zurück in die Zukunft

Mit Heimweh und Selbstzweifeln war Kaymer nach Europa gekommen. Platz vier bei der BMW Open hat ihm gezeigt, dass der Erfolg für ihn untrennbar mit der Heimat verbunden ist.
München - Platz vier bei der BMW Open in München soll für Martin Kaymer nur ein erster Schritt zurück in die Zukunft gewesen sein. Europa, Deutschland, Heimat – für den 28-Jährigen ist das in den vergangenen Monaten zum seltenen Gut geworden. Heimweh plagte Deutschlands besten Golfer nach seinem Wechsel auf die US-Tour. „Es ist nicht immer so einfach, wenn du vier, fünf Monate nicht zu Hause bist. Es sind die Kleinigkeiten, die man vermisst. Viele denken, dass du ein unfassbar schönes Leben hast. Es ist aber nicht alles Sonnenschein“, sagte der Familienmensch aus dem Rheinland. Monatelang ohne Familie und Freunde will der US-PGA-Champion von 2010 nicht länger bleiben.
„Ich werde zwischen den Turnierblöcken immer wieder nach Europa zurückkehren“, sagt Kaymer. Es gebe Leute, die in Amerika gut zurechtkommen. Bei dem einen klappe es besser, beim anderen schlechter. Zu den Letzteren gehört Kaymer, der seinen Zweitwohnsitz in Scottsdale/Arizona hat. Wie gut ihm das gewohnte Umfeld tut, konnte Kaymer in München nach vier Monaten der Entbehrungen wieder einmal spüren. Umgeben von zahlreichen Fans zog der vielbeachtete Star in München über die Fairways. Das macht ihn stolz. „Es war eine bunte Mischung von Fans, alles war dabei. Ich habe sogar zwei Rocker gesehen. Die würde ich gerne mal Golf spielen sehen“, scherzte Kaymer nach der Schlussrunde. Auch der Aufenthalt während des Turniers in der Wohnung seines Bruders Philip war eine Wohltat. Damit nicht genug. Bis zu seinem nächsten Turnier, den French Open in der ersten Juli-Woche, bleibt Martin Kaymer in Deutschland, in seinem Elternhaus in Mettmann. Das eigene Bett lockt. Und Training ist angesagt, schließlich steht das nächste Highlight schon vor der Tür: die British Open ab dem 18. Juli im schottischen Muirfield. Der Sieg beim ältesten Golfturnier der Welt ist für jeden Profi ein Traum, für Kaymer erst recht.
„Ich fühle mich als Europäer, ein Sieg bei der Open wäre für mich etwas ganz Besonderes“, sagt der ehemalige Weltranglistenerste, der seine europäische Seele schon zweimal bei Triumphen im Ryder Cup ausleben durfte. Im vergangenen Jahr war ihm in Medinah bei Chicago gar der Siegputt geglückt. Kaymer will sich aber nicht mit der Vergangenheit aufhalten. Seine sportliche Krise seit der Schwungveränderung ging an die Substanz. Auf dem Platz mehrten sich Selbstzweifel. Auf kleinere Lichtblicke folgten Rückschläge und damit auch tiefe Frustration. Das soll ein Ende haben. Da kann so ein vierter Platz wie in München als Motivationsschub durchaus helfen. „Das war für mich eine super Woche“, sagte Kaymer, der „trotz der Fehler“ nur drei Schläge hinter dem siegreichen Südafrikaner Ernie Els lag. Den Glauben an sich selbst hat Kaymer bei allen Enttäuschungen nicht verloren. „Es ist für mich keine Frage, dass ich wieder nach vorne kommen kann. Es braucht alles nur Geduld“, sagt Kaymer, der aber über sich selbst auch sagt: „Ich mache mir zuviel Druck.“ Ein Teufelskreis. Alleine in Arizona ist dieses Problem für Martin Kaymer nur schwerlich zu lösen. Da könnte ihm familiäre Unterstützung womöglich entscheidend helfen. Vielleicht klappt es ja dann auch mit der „Open“.