Gold-Rosi: Die Maria wird wie ich

Sie ist Doppel-Olympiasiegerin und hat 1976 auch den Gesamt-Weltcup geholt - Rosi Mittermaier. Im AZ-Interview lobt sie Maria Riesch, beklagt üble Sicherheitsmängel und spricht über ihre Rolle als Mutter eines Skirennläufers.
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Auf dem Sprung zur zweiten Kugel: Maria Riesch will am Donnerstag nach der Kombination auch die Weltcup-Wertung im Super-G für sich entscheiden.
dpa Auf dem Sprung zur zweiten Kugel: Maria Riesch will am Donnerstag nach der Kombination auch die Weltcup-Wertung im Super-G für sich entscheiden.

Sie ist Doppel-Olympiasiegerin und hat 1976 auch den Gesamt-Weltcup geholt - Rosi Mittermaier. Im AZ-Interview lobt sie Maria Riesch, beklagt üble Sicherheitsmängel und spricht über ihre Rolle als Mutter eines Skirennläufers.

AZ: Frau Mittermaier, am Donnerstag kann Maria Riesch im Super-G von Bormio die zweite Weltcup-Wertung dieses Winters gewinnen, selbst auf den Gesamt-Weltcup hat sie Chancen. Haben Sie ihr das so schnell wieder zugetraut nach ihren schweren Kreuzbandrissen?

ROSI MITTERMAIER: Nach diesen Verletzungen zurückzukommen: Hut ab! Technisch und fahrerisch hat sie es eh drauf, sie kann wunderbar gleiten und hat ein Gespür für den Ski. Man kann nichts aussetzen. Sie weiß selbst, dass sie beim Start noch ein bissl was verbessern kann. Aber wer die Maria kennt, weiß, dass sie eine Kämpfernatur ist.

Und Sie als Garmischerin kannten sie ja schon als Kind.

Auch da war sie immer sehr zielstrebig. Die Maria hat immer ihre Sache durchgezogen. Ihr ganz großes Plus ist aber, dass sie sehr offen ist und immer gleich sagt, wenn ihr was nicht passt. So war sie schon immer. Grad raus. Sie hat nie taktiert, war nie hinten rum. Wenn sie was gestört hat, hat sie es gesagt, und dann war es auch wieder in Ordnung. Aber so ist die ganze Familie.

Die spielt in Maria Rieschs Leben ja eine große Rolle.

Ja, der Zusammenhalt ist sehr groß. Das ist er bei uns natürlich in der Familie auch. Beim Felix war es ja nur so, dass sich der Christian und ich immer sehr zurückgehalten haben. Der Felix soll allein seinen eigenen Weg gehen und nicht an seinen Eltern gemessen werden. Darum sind wir auch nie bei seinen Rennen dabei. Aber am letzten Wochenende in Kranjska Gora, da waren zum ersten Mal meine Schwestern mit einem Fanklub dabei, die Heidi und die Evi. Und da hat er schon gesagt: ,Mensch, wenn die da sind, dann muss ich denen was zeigen.’ Die Familie motiviert natürlich schon ungemein. Und bei der Maria ist das sicher genauso.

Bisher gewannen nur zwei deutsche Fahrerinnen den Gesamt-Weltcup. Sie, Frau Mittermaier 1976, Katja Seizinger 1996 und 1998. Kann Maria Riesch eine werden wie Sie?

Aber ja, auf jeden Fall kann sie so werden. Die Voraussetzungen hat sie für den Gesamt-Weltcup. Ich traue ihr auch zu, den Weltcup über Jahre zu dominieren, zusammen Lindsay Vonn. Hauptsache, sie bleibt gesund und verletzt sich nicht wieder. Aber auch da hat sie dazu gelernt.

Inwiefern?

Wenn sie früher ins Straucheln kam, dann hat sie gekämpft bis zuletzt, um einen Ausfall zu vermeiden. Genau deswegen hat sie sich dann oft verletzt. Wenn sie jetzt wegrutscht, dann lässt sie es einfach zu, auch wenn der Zuschauer am Fernseher vielleicht sagt: ,Warum lässt die sich denn jetzt hinfallen?’ In Wirklichkeit macht sie genau das Richtige. Zumal gerade ihr Körper arg strapaziert ist.

Weil sie alle Disziplinen fährt?

Richtig. Das geht einfach zu sehr an die Substanz. Es sind sehr viele Rennen im Weltcup, für mich zu viele. Schon zu meiner Zeit haben sie darüber diskutiert, das Programm zu reduzieren, geschafft haben sie es bis heute nicht. Das macht den Sport sehr gefährlich.

Damen-Trainer Mathias Berthold kritisierte nicht nur die Anzahl der Rennen, sondern auch die enormen Reisestrapazen. Rein geographisch scheint der Kalender konzeptlos zusammengewürfelt.

Da sitzt du stundenlang im Auto und fährst ein paar hundert Kilometer, und am nächsten Tag hast du schon das erste Abfahrtstraining in vollem Tempo. Das ist ein zu großes Sicherheitsrisiko.

Gerade bei den vielen grausigen Stürzen zuletzt.

So viele Verletzungen wie in diesem Winter, das ist unglaublich, ein Wahnsinn. Auch bei Jugendrennen oder im Europacup gibt es schlimme Stürze, von denen man gar nichts hört. Gut, dass es jetzt eine Diskussion um die Sicherheit gibt. Es muss sich was tun.

Und was?

Das Tempo ist zu hoch, das kommt im Fernsehen gar nicht rüber. Je nach Strecke muss man schauen, wie man Geschwindigkeit rausnimmt. Deswegen verliert der Skisport doch keineswegs an Attraktivität.

Gian-Franco Kasper, Chef des Weltverbands FIS, monierte, einige Fahrer seien überehrgeizig und würden sich zu viel zumuten.

Ja, sollen sie vielleicht mit 80 Prozent fahren? Dann hast du doch gar nicht die Körperspannung, dann schmeißt es dich erst recht. Das ist ein Überlebenskampf, da musst du mit 100 Prozent voll runterfahren, wenn vor dem Ziel nochmal ein Hammersprung kommt, da musst du ja voll konzentriert sein. Von den jungen Buben und Mädchen kann doch keiner sagen, ich fahr’ jetzt einfach langsamer, oder ich schnall am Start gleich wieder die Ski ab. Das ist doch ein Witz.

Matthias Lanzingers Unterschenkel musste letzte Woche amputiert werden nach einem Sturz im Super-G, einer Disziplin, die auch Felix fährt. Haben Sie manchmal Angst um Ihren Sohn?

Angst nicht, weil das sind ja auch schöne Rennen und schöne Disziplinen. Und er will das ja auch. Aber nach diesen schlimmen Vorfällen in letzter Zeit bin ich als Mutter natürlich schon froh, dass er vor allem nur Slalom und Riesenslalom fährt.

Interview: Florian Kinast

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