Görges gelingt Überraschung in Stuttgart
Stuttgart - Sabine Lisicki schlich mit hängendem Kopf vom Centre Court und war nach dem neuerlichen Rückschlag einfach nur ratlos: 61 Tage vor ihrem Saisonhöhepunkt hat sich die Krise der Wimbledon-Finalstin vor den Augen ihres Freundes Oliver Pocher weiter verschärft. Die 24-jährige Lisicki scheiterte in der ersten Runde des WTA-Turniers in Stuttgart mit 1:6, 3:6 an Ana Ivanovic (Serbien/Nr. 9) und zeigte eine erschreckend schwache Leistung.
Sechsmal musste die verunsicherte Lisicki, die ihre fünfte Niederlage im zehnten Match 2014 kassierte, ihren Aufschlag abgeben (4 Doppelfehler). Während die Form der Berlinerin weiter Fragen aufwirft, setzte Julia Görges (Bad Oldesloe) an einem für sie magischen Ort ein Ausrufezeichen. Die Stuttgart-Siegerin von 2011, die ebenfalls eine schwere Zeit hinter sich hat, erreichte durch ein 6:1, 7:5 gegen die im Ranking um 67 Ränge höher platzierte Sorana Cirstea (Rumänien) das Achtelfinale. "Dieser Ort ist ein ganz besonderer für mich. Hier habe ich unglaubliche Erinnerungen", sagte Görges, die sogar ein paar Tränchen vergoss: "Ich mache mir jetzt einen schönen Druck."
In der Runde der letzten 16 trifft Görges am Donnerstag auf Lisicki-Bezwingerin Ivanovic. Am Mittwochabend spielte noch Wildcard-Inhaberin Andrea Petkovic (Darmstadt) gegen die Italienerin Flavia Pennetta. Die deutsche Nummer eins Angelique Kerber (Kiel/Nr. 4) steht dank eines Freiloses in der ersten Runde bereits im Achtelfinale und muss sich am Donnerstag gegen Carla Suarez Navarro (Spanien) behaupten.
Lisicki indes ist seit ihrem furiosen Siegeszug bis ins Wimbledon-Finale 2013 auf der verzweifelten Suche nach ihrer Form. Bei 14 Turnieren (Einzel) nach dem unvollendeten Sommermärchen in London gelangen ihr lediglich beim Halbfinaleinzug in Luxemburg im Oktober 2013 einmal drei Erfolge in Serie. Vor drei Wochen hatte Lisicki beim 1:6, 0:6 gegen die spätere Turniersiegerin Petkovic in Charleston/USA ihre höchste Pleite kassiert und den vorläufigen Tiefpunkt ihrer Formkrise erreicht. Danach hatte sie eine Pause eingelegt und eine Schulterverletzung auskuriert.
Stuttgart sollte so etwas wie ein Neuanfang für Lisicki werden – zumal in zwei Monaten Wimbledon ansteht, die ultimative Herausforderung schlechthin für die Finalistin von 2013. Doch gegen die frühere Weltranglistenerste Ivanovic leistete sich die Bollettieri-Schülerin viele leichte Fehler. Vor den Augen ihres Freundes, dem TV-Comedian Pocher, musste Lisicki nach drei kassierten Breaks den ersten Satz nach nur 21 Minuten abgeben. Bezeichnenderweise mit einem Doppelfehler.
Auch der Zuspruch ihrer herbeizitierten Trainerin Martina Hingis fruchtete nicht. Von der Grundlinie wirkte "Bum Bum Bine" weiterhin unsicher. Das Match beendet sie mit einem Rückhand-Fehler.
Görges dagegen waren die Strapazen der Rückreise vom gewonnenen Fed-Cup-Halbfinale aus Australien (3:1) nicht anzumerken. "Ich habe letzte Nacht zehn Stunden geschlafen. Der Jetlag dürfte weg sein", meinte die 25-Jährige, die nach dem Triumph in Stuttgart 2011 von Rang 15 (März 2012) bis auf Platz 94 der Weltrangliste abgestürzt war.
Nach einem Jahr zum Vergessen mit 16 Auftakt-Pleiten und einer auskurierten Handgelenk-Blessur glaubt Görges mittlerweile, auf einem guten Weg zurück zu sein. "Es geht definitiv in die richtige Richtung. Ich versuche, hart zu arbeiten und das auch auf den Platz zu bringen."