Go, Klinsi, go!

Jürgen Klinsmann startet gegen den HSV in eine Saison, an deren Ende der 50. Titel stehen soll. Er sagt: "Unsere derzeitige Situation ist nicht einfach." Auch weil Luca Toni beim Bundesliga-Auftakt fehlen wird.
Die Frauen eben: Sind sie die wahren Fußball-Kenner? Das Magazin „Playboy“ gab beim Meinungsforschungsinstitut Emnid eine repräsentative Umfrage in Auftrag. Wer wird Meister 2009 lautete die Frage. 69 Prozent der Frauen antworteten: Der FC Bayern mit seinem neuen Coach Jürgen Klinsmann. Lediglich 60 Prozent der Männer glauben an den Blonden bei den Roten.
Aber 88 Prozent der Bundesliga-Trainer, 16 von 18. Und die müssen es ja wirklich wissen. Wird es wieder ein Start-Ziel-Sieg wie in der vergangenen Saison? Am Freitag soll ab 20.30 Uhr (ARD und Premiere live) in der Allianz Arena mit einem Heimsieg gegen den Hamburger SV der Anfang gemacht werden. Der erste Schritt zu Titel Nummer 50 der Vereinshistorie, zum goldenen Jubiläums-Triumph.
Ausgerechnet Klinsmann in seinem ersten Jahr als Vereinscoach könnte 77 Jahre nach der ersten Deutschen Meisterschaft 1932 den 50. Titel perfekt machen. Die aktuelle Liste der Pokale: 21 Meistertitel, 14 Pokalsiege, sechs Ligapokal-Erfolge, vier Europapokalsiege der Landesmeister/Champions League, ein Europapokal der Pokalsieger, ein Uefa-Cup, zwei Weltpokalsiege. Es sind die Titel, die den FC Bayern zum Mythos machen. Gute, alte Zeiten. Und bereits Vergangenheit.
„Unsere derzeitige Situation ist nicht einfach. Aber wir wollen positiv in die neue Runde starten“, sagte Klinsmann und fügte hinzu, „aber mir ist auch klar, dass die Fans sofort optimale Spiele und Ergebnisse sehen wollen. Das ist völlig verständlich.“
Spiele, Siege, Titel
„Man erwartet von uns Titel“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, „ich hoffe, dass wir dem gerecht werden und den einen oder anderen holen.“ Manager Uli Hoeneß hat eine klare Definition für eine erfolgreiche Saison: „Wenn wir in der Champions League das Viertel- oder Halbfinale erreichen und einen oder zwei Titel holen.“ Klinsmann hat gelernt. „Beim FC Bayern sind Titel beinahe eine Selbstverständlichkeit, da ist es völlig normal, dass in jeder Saison die Meisterschaft anvisiert wird“, sagte er.
Er war Stürmer, ist jetzt Trainer. Er formuliert Ziele defensiver. Anders als Miroslav Klose etwa, ein aktiver Stürmer. „Es wird Zeit, dass wir ein gutes Spiel machen und deutlich gewinnen“, sagte er, angesprochen auf die Schwierigkeiten beim 4:3 im DFB-Pokal bei Drittligist Erfurt, und erklärte: „Wir wollen mit ein, zwei Kontakten in die Spitze spielen und nicht erst mit dem Ball eine halbe Stunde durchs Mittelfeld spazieren.“ Tempofußball eben. One touch, eine Ballberührung. So liebt es Klinsmann. Wenn es denn mal so weit sein wird. „In Erfurt hat es in allen Mannschaftsteilen noch nicht funktioniert“, kritisierte Klinsmann.
Toni fehlt
Der Coach muss jedoch zum Ligastart weitestgehend mit demselben Kader auskommen wie am letzten Wochenende, auch Stürmer Luca Toni wird nach seinem Muskelfaserriss nicht rechtzeitig spielfit. „Luca wird uns noch fehlen“, berichtete Klinsmann. Zumindest Neuzugang Tim Borowski könnte nach seiner Innenbanddehnung im Knie erstmals wieder im Kader sein und auf der Bank sitzen.
1997 wurde Klinsmann als Spieler mit Bayern Meister. Nun will er dies als Trainer erreichen. Eine ganz andere Aufgabe. Doch er nimmt sich ganz bewusst zurück. Auf der Titelseite der Vereinszeitung „Bayern Magazin“ ist ein Portrait von ihm zu sehen, darunter steht in dicken Lettern: Der Visionär. „Mir wäre lieber, wenn einer meiner Spieler darauf wäre“, sagte er beim Anblick, „ich will mit meinem Trainerstab gute Arbeit abliefern. Meine Rolle ist natürlich jetzt eine ganz andere als früher. Aber emotional bist du in beiden Rollen voll dabei, man saugt die emotionalen Momente in sich auf. Ich hoffe, dass es viele geben wird.“
Mit dem bestehenden Kader. Einen Schnellschuss am Transfermarkt wird es nicht mehr geben. „Das kostet viel Geld und bringt am Ende des Tages keine dramatische Verbesserung“, sagte Rummenigge in „Sport-Bild“, „wir sind von unserer Mannschaft überzeugt, und wir haben die Geduld. Weil wir nicht dafür bekannt sind, dass wir nach ein, zwei, drei Spielen, die möglicherweise nicht so gut laufen, kalte Füße bekommen.“
Ein wenig rumstehen werden die Spieler, Trainer, Betreuer, Management und Fanclubvorsitzende des FC Bayern am Samstagmittag in der Staatskanzlei. Ministerpräsident Günther Beckstein lädt zum Empfang zu Ehren des Double-Gewinns 2008. Zur Feier der Titel 48 und 49. Der 50. wartet.
Patrick Strasser