„Giro, ein Baby im Juni, dann die Tour“
Rad-Altstar Lance Armstrong übers Comeback, Doping und seinen seltsamen Anruf in Deutschland.
AZ: In Deutschland herrscht derzeit nach all den Doping-Affären eine Stimmung gegen den Radsport. Auch Ihr Comeback wurde nicht unbedingt begrüßt, Herr Armstrong...
LANCE ARMSTRONG: Ich habe zum Teil Verständnis dafür. Die Leute hatten sich in Deutschland sehr für den Radsport engagiert. Mit Investitionen und Emotionen. Diese Leute fühlen sich verraten.
Ihre Rückkehr lieferte ARD und ZDF ein weiteres Argument, die Tour de France womöglich nicht zu übertragen.
Ich habe darüber mit dem Vorsitzenden der European Broadcasting Union gesprochen, einem Deutschen. Ich habe ihm gesagt: „Sorry, ich werde die Tour fahren. Und ich tue das für einen großen Zweck, die Krebs-Kampagne.“ Er hat mich gefragt, ob ich dennoch sportlich erfolgreich sein wolle. Ich habe geantwortet: „Ja. Und was immer Sie und ihr Land auch davon halten: Ich komme zur Tour.“ Ich habe das Gefühl, er hat mich verstanden.
War Ihr Gesprächspartner Ex-ARD-Intendant Pleitgen?
Ja.
Wann und wo hat das Gespräch stattgefunden?
Ich habe ihn letzten Monat angerufen.
Wie sehen Sie die Situation in Deutschland, wo Sie ’98 nach dem Sieg über den Krebs Ihre erste Rückkehr starteten?
Ich hoffe die Einstellung in Deutschland ist nicht so feindlich, wie Sie es ausdrücken. Aber was dort mit dem Radsport geschieht, ist schon ein Drama.
Ist Ihr neuerliches Comeback auf dieses Jahr beschränkt?
Nein. Ich habe vor, auch noch 2010 dranzuhängen.
Und Ihr Programm 2009?
Tour of California, Mailand-San Remo, Criterium International, Flandern-Rundfahrt, Giro Trentino, Giro, ein Baby im Juni – und dann die Tour.
Überführte Doper wie Ivan Basso und Floyd Landis kehren zurück. In Ordnung?
Die Regeln besagen: Zwei Jahre Sperre. Sie haben ihre Strafe bezahlt. Sie dürfen in die Gesellschaft zurück.
Ist der Kampf gegen den Krebs der wirkliche Grund des Comebacks?
Natürlich sind Radrennen meine große Leidenschaft und ich fühle mich mit 37 fit und fähig, meine Passion wieder auszuleben. Ich habe wieder riesigen Spaß. Aber als einer, der den Krebs überlebt hat, fühle ich mich vor allem verpflichtet, als Advokat für den Kampf gegen diese Krankheit aufzutreten. Wichtig ist das Engagement meiner Stiftung für die Krebsvorsorge. In den letzten Jahren habe ich überall auf der Welt darüber Vorträge gehalten. Dafür habe ich Geld bekommen. Auch für meinen Start in Adelaide wurde ich von der Regierung bezahlt. Bei Johan (Astana-Chef Bruyneel, d. Red.) fahre ich umsonst.
Wie sieht Ihre Vorsorge aus, dass der Krebs nicht wieder ausbricht? Und wie Ihr Anti-Doping-Verhalten?
Ich lasse mich mehrmals jährlich untersuchen. Die Ergebnisse der Bluttests sind auch Teil des biologischen Passes der UCI. Ich bin vierzehnmal seit der Ankündigung meines Comebacks unangemeldet getestet worden. Außerdem unterwerfe ich mich freiwillig dem umfassendsten Anti-Doping-Verfahren in der Geschichte des Sports. Die Leitung hat der Anti-Doping-Spezialist Don Catlin. Er ist autorisiert, meine Blutwerte öffentlich zu machen. Was kann ich sonst noch tun, damit die Skeptiker verstummen?
Skeptiker gibt es immer...
...und sie wollen am liebsten von mir hören: „Ja, ich habe betrogen.“ Aber, verdammt nochmal, warum sollte ich lügen? Ich habe nicht gedopt und ich werde nicht lügen, nur damit diese Leute zufrieden sind.
Hartmut Scherzer
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