Geplatzte Träume: Pechstein muss in Vancouver zuschauen

Immerhin herrscht jetzt Klarheit: Die Eisschnellläuferin darf bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver nicht antreten. Pechsteins Anwälte, die beantragt hatten, ihre Sperre auszusetzen, scheiterten vor Gericht.
von  Abendzeitung
Pechsteins Traum von Olympia geplatzt
Pechsteins Traum von Olympia geplatzt © dpa

BERLIN - Immerhin herrscht jetzt Klarheit: Die Eisschnellläuferin darf bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver nicht antreten. Pechsteins Anwälte, die beantragt hatten, ihre Sperre auszusetzen, scheiterten vor Gericht.

Der Traum vom sechsten Olympia-Start ist geplatzt: Claudia Pechstein darf definitiv nicht bei den Winterspielen in Vancouver starten, hat den Kampf um ihre Unschuld aber noch nicht aufgegeben. Das Schweizer Bundesgericht lehnte am Dienstag allerdings einen entsprechenden Eilantrag der Anwälte der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin auf eine Aussetzung ihrer Zwei-Jahres- Sperre wegen erhöhter Blutwerte ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Berlinerin auch im Hauptsache-Verfahren kaum Chancen auf Erfolg bestünden.

«Mich wundert in diesem Fall nichts mehr. Ich bin mir trotzdem zu 100 Prozent sicher, früher oder später vollumfänglich rehabilitiert zu werden», meinte Pechstein. «Alle, die an mich glauben und mich unterstützen, können gewiss sein, dass sie mich auf jeden Fall nochmals auf dem Eis wiedersehen werden», konterte die 37 Jahr alte Berlinerin alle Spekulationen über ein sofortiges Karriereende.

«Die Zeit der Spekulationen ist vorbei. Für Vancouver herrscht Klarheit. Ich hoffe sehr, dass sich jetzt die Aufmerksamkeit und der Enthusiasmus der Öffentlichkeit auf die nominierten Athleten und den Sport konzentrieren», erklärte DOSB-Präsident Thomas Bach, räumte aber ein: «Wir verkennen natürlich nicht die menschliche Situation der Athletin und bleiben mit Claudia Pechstein im Gespräch.»

Schlechte Chancen

Deren Anwälte konzentrieren sich nach der juristischen Niederlage nun auf ein Revisionsverfahren vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS, für das der Antrag bis Anfang März eingereicht werden muss. Im Hauptsacheverfahren vor dem Bundesgericht stehen ihre Chancen nach dem Urteil vom Dienstag denkbar schlecht. Es scheint überhaupt fraglich, ob es noch zu einer Anhörung im Hauptsacheverfahren kommen wird.

«Die Entscheidung kommt leider nicht überraschend», sagte Pechsteins Anwalt Simon Bergmann. Es zeige sich gerade an diesem Fall, dass die Sportgerichtsbarkeit reformiert werden müsse. «Es kann nicht sein, dass die beiden einzigen Tatsachen-Instanzen vor von Interessen geleiteten Schiedsgerichten stattfinden und die erste neutrale Instanz die Urteile nur noch auf schwerwiegende Verfahrensfehler überprüft. Der Sportler erhält hierdurch kein faires Verfahren und muss selbst erkennbar falsche Urteile mit schwerwiegenden Folgen hinnehmen», sagte Bergmann weiter.

Im Revisionsverfahren wollen die Anwälte durch die angestrebte Wiederaufnahme des Verfahrens doch noch die Aufhebung der Sperre erreichen. Im Mittelpunkt werden dabei neue Erkenntnisse zur Blutanomalie Pechsteins stehen, die zum Zeitpunkt der CAS-Verhandlung noch nicht bekannt waren. Der CAS hatte am 25. November die Zwei- Jahres-Sperre des Eislauf-Weltverbandes ISU bestätigt. Im Berufungsverfahren vor dem Schweizer Bundesgericht konnten Pechstein und ihre Anwälte nur noch Verfahrensfehler des CAS reklamieren.

Endgültig zerstört

«Wir müssen diese Entscheidung zur Kenntnis nehmen. Das ist überaus bedauerlich für Claudia Pechstein», sagte Gerd Heinze, der Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft DESG zu dem Richterspruch, fügte jedoch hinzu: «Wir haben weiterhin große Probleme mit dieser Art der Rechtsprechung. In Kenntnis des Sachverhaltes bleibe ich persönlich an Claudias Seite. Aber Fakt ist, dass ihre sportliche Zielsetzung Olympia endgültig zerstört ist.»

Auch im Trainingslager des deutschen Teams in Erfurt wurde die Entscheidung mit gemischten Gefühlen aufgenommen. «Das ist eine Tragik ohne Ende, denn es gibt einfach zu viele Fragezeichen in dieser Geschichte. Aber wenn sie die einzige ist, die da über die Klinge springen muss, wäre das ein Wahnsinn», meinte Bundestrainer Markus Eicher. Teamchef Helge Jasch verwies auf die aus seiner Sicht verwirrende Rechtslage: «Man kann bei den Gerichten gar nichts mehr abschätzen, es gab da so viele unerwartete Dinge in alle Richtungen».

Realistisch seien die Chancen für Pechstein auf einen Olympia- Start von Pechstein ohnehin nicht gewesen, meinte Daniela Anschütz- Thoms. «Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweizer anders entscheiden würden, tendierte wohl gegen Null», erklärte die Erfurterin, die 2006 gemeinsam mit Claudia Pechstein und Anni Friesinger-Postma den Olympiasieg in der Team-Verfolgung erkämpft hatte.

(Von Frank Thomas/dpa)

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