Georg Eisenhut im AZ-Interview: "Es ist ein hartes Geschäft"

AZ: Herr Eisenhut, wenn nun in St. Moritz die weltbesten Super-G-Fahrerinnen an den Start gehen, ist eine Athletin des TSV 1860 dabei: Fabiana Dorigo, die Sie als Sportwart der Ski-Löwen natürlich gut kennen. Was ist das für eine?
GEORG EISENHUT: Eine richtige Draufgängerin. Bevor die zurückzieht, riskiert sie lieber einen Sturz. Da gibt es kein Zurück. Das ist ihre Mentalität. Sie hat keine Angst vor der Geschwindigkeit und fühlt sich in den Speed-Disziplinen wohl.
Ihr erstes Weltcup-Rennen ist sie Ende Februar in La Thuile gefahren, allerdings nicht ins Ziel gekommen. . .
Nee, da ist sie gerade so aus dem Starthaus rausgekommen. Es war gerade im oberen Teil extrem anspruchsvolles Gelände: steil, drehend, und das ist ihr zum Verhängnis geworden. Die wollte einfach gleich mal auf Sieg fahren. Da kämpft man so viele Jahre, um mal Weltcup fahren zu können, dann ist es endlich soweit - und dann flattern halt schon mal die Nerven.
Sie startet für den Deutschen Skiverband, trainiert aber nicht mit dem Team. Klären Sie uns doch bitte mal auf!
Fabiana ist aus dem DSV-Team ausgemustert worden und zu dem privaten Isra-Team gewechselt. Da macht sie gute Fortschritte. Mit dem DSV trainiert sie sporadisch, ist bei den Weltcup-Rennen aber bei der Mannschaft.
Georg Eisenhut über Sohn Linus Strasser: "Der Slalom in Levi war eine Sensation"
Eine spezielle Konstruktion.
Es ist nichts Besonderes mehr. Viele Athleten organisieren sich mittlerweile so.
Reden wir über Ihren Sohn, Linus Strasser, der seit 2014 im Weltcup fährt, mit wechselndem Erfolg. In welcher Karrierephase ist er gerade?
Die letzte Saison war extrem versöhnlich - die beiden davor eher gebrauchte. Der Slalom 2019 in Levi war eine Sensation: mit Nummer 48 auf Rang acht, zweitbeste Laufzeit im zweiten Durchgang. In der Saison davor ist er im Team so mitgelaufen, die Trainer haben sich nicht mehr so auf ihn konzentriert, weil er im Training so hervorgestochen ist, dass man gesagt hat: 'Läuft von selber. Da geht's nur drum, ob er auf eins, zwei oder drei fährt.'
Dann fährt der im ersten Rennen aus dem Start raus, als ob er Schweinelähmung hätte. Unglaublich! Danach hat er sich besonnen. In diesem Jahr: Adelboden auf sechs, eine halbe Sekunde hinter dem Sieger, Laufbestzeit im zweiten Durchgang. In Chamonix hätte es fürs Podest gereicht - wenn er nicht eingefädelt hätte. In der Weltrangliste ist er von 60 oder 70 auf Platz elf geklettert.
Es ist schon alles da.
Das schon. Aber wenn Sie die Rennen verfolgen: Die gönnen sich das Schwarze unter den Nägeln nicht. Da geht's schon sehr sportlich zu.
So sind Georg Eisenhut und Sohn Linus Strasser zum TSV 1860 gekommen
Sie sind Sportwart der Ski-Abteilung des TSV 1860. Wie sind Sie zu den Löwen gekommen?
2001 war absehbar, dass es beim Linus weiter geht, da hab' ich Wolfgang Maier (DSV-Alpindirektor, d.Red.) gefragt. Mit dem war ich privat befreundet, der hatte vor langer Zeit in seiner Trainerausbildung mal bei den Löwen-Fußballern hospitiert. Ich fragte ihn: "Hilf mir weiter. Was müssen wir machen?" Sagt er: "Nen deutschen Klub suchen."
Linus ist ja beim Kitzbüheler Skiklub ausgebildet worden. Wir dann mal zum Probetraining zu 1860. Ich hab' zum Abteilungsleiter gesagt: "Wir brauchen kein Training, keine Weihnachtsfeier, nur eine Startberechtigung für Deutschland." Die Löwen hatten damals schon den Ivan Hainy, einen aus Tschechien geflohenen Trainer, der auch Miriam Vogt (Kombi-Weltmeisterin 1993) und Marina Kiehl (Abfahrts-Olympiasiegerin 1988, d. Red.) ausgebildet hat. Zu dem hat Linus Vertrauen gefasst - so sind wir zu Sechzig gekommen.
Gibt es außer Linus und Fabiana noch andere Ski-Löwen, die demnächst mal Weltcup-Luft schnuppern könnten?
Leider nicht. Hätte ich gern, aber das ist ein hartes Geschäft, gerade in diesen Zeiten. Wir bemühen uns wirklich, unsere Hygienekonzepte durchzuziehen, und ich glaube, dass es für junge Menschen tunlicher ist, sich im Freien zu tummeln.
Schneetraining ist derzeit ja nicht möglich.
Wir haben leider einen Ministerpräsidenten, der Ischgl mit Skifahren gleichsetzt. Nachdem er selber nicht Skifahrer ist, weiß er nicht, dass Skifahren auch was anderes bedeutet.