Gegen Bach und die Gegner: Robert Harting und sein Kampf an zwei Fronten
Nur den Diskus weit zu werfen, ist Robert Harting nicht genug. Der Berliner legt sich auch gern mit den Mächtigen des Weltsports an.
Rio de Janeiro - Robert Harting hat gleich zwei Lieblingsgegner. Der eine ist 1,93 m groß, wiegt 130 Kilo und sieht ziemlich gefährlich aus. Der andere misst nur etwa 1,70 m, ist deutlich schmaler und kommt stets freundlich daher. Aber dennoch bereitete er Harting in den vergangenen Tagen deutlich mehr Kopfzerbrechen. Es ist: Thomas Bach.
Dass mit Ausnahme in der Leichtathletik russische Sportler in Rio starten dürfen, kann Harting dem deutschen IOC-Präsidenten nicht verzeihen. Der mächtigste Mann des Weltsports sei für ihn "Teil des Doping-Systems, nicht des Anti-Doping-Systems", sagte Harting zuletzt. Ein Satz, der von Chile bis Australien für Schlagzeilen sorgte.
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Harting empört über Bachs Russland-Entscheidung
Nur im Kraftraum Gewichte für Olympia zu stemmen, nur den Diskus weit zu werfen und ansonsten den Mund zu halten, ist Harting nicht genug. Es gefällt ihm, Missstände anzuprangern, anzuecken, ungemütlich zu sein - wenn aus seiner Sicht etwas gewaltig schief läuft. Dass Bach Russland trotz dreister Doping-Manipulationen nach Brasilien ließ, hat Harting einfach nur empört.
"Meine persönliche Meinung von ihm ist schlechter denn je und ich schäme mich sehr stark dafür, dass ich in indirekter Situation am Gleichen mit ihm arbeite", sagte der Berliner dem SID: "Die jüngsten Entscheidungen des IOC sind unfassbar und werden ihm historisch auch immer hinterher hängen."
Harting arbeitet derweil weiter an seinem eigenen Vermächtnis. Er ist der einzige deutsche Leichtathlet, dessen Sätze auch international Gewicht haben. Aber er weiß auch: Nur wenn er Erfolg hat, wird seine Stimme weiterhin gehört.
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Harting: "Nicht Gejagte, sondern Jäger - das gefällt mir"
Nach großen Verletzungsproblemen in der Vergangenheit kehrt der dreimalige Weltmeister, zweimalige Europameister und Olympiasieger von London nun zurück auf die große Bühne. Beim sportlichen Duell am Zuckerhut trifft er auf seinen zweiten großen Rivalen: Piotr Malachowski aus Polen.
"Ich bin nicht mehr der Gejagte, sondern der Jäger - das gefällt mir", sagte Harting, der in der Qualifikation am Freitag und im Finale am Samstag (10.50 Uhr OZ/15.55 Uhr MESZ) in den Ring steigen wird. Ob es nach einem Kreuzbandriss im linken Knie im Herbst 2014 und eines Muskelfaserrisses im Brustmuskel sowie einer Entzündung im rechten Knie im Frühling noch mal Gold wird wie 2012 in London, mag Harting, mit 68,04 m die Nummer drei der Welt hinter Malachowski und seinem jüngeren Bruder Christoph, nicht vorherzusagen.
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Psychospielchen mit der Konkurrenz
Es wird ein Psychospielchen mit der Konkurrenz, "die haben mich lange nicht mehr auf diesem großen Parkett gesehen, ich bin ein unkontrollierbarer Faktor", sagte Harting, der sich den letzten Feinschliff im Trainingslager in Portugal holte. Keiner der Konkurrenten wird so genau wissen, was Harting drauf hat, sie werden seinen Atem spüren, und er, er kann mit ihnen spielen.
"Ich freue mich", sagte Harting, "dass ich jetzt ein bisschen zocken kann, angreifen kann." Bei einer großen Meisterschaft wurde er zuletzt bei der EM 2010 von Malachowski bezwungen, die WM 2015 in Peking hatte Harting verpasst.