Gefeuerte Trainer: Louis van Bauermann
MÜNCHEN Es ist offenbar keine gute Idee, als Trainer des FC Bayern ein Buch zu schreiben, vor allem, wenn das Buch dem Marketing in eigener Sache dient. Fußball-Coach Louis van Gaals Werk „Biographie & Vision“ wurde am 11. Oktober 2010 in Deutschland veröffentlicht – sechs Monate später wurde van Gaal entlassen, am 10 April 2011. Basketballtrainer Dirk Bauermanns Werk „Mission Erfolg“ ist seit 24. Februar 2012 erhältlich. Bauermann hielt einen Monat länger durch als van Gaal: Er wurde nach sieben Monaten am 27. September 2012 entlassen.
Erstaunlich: In beiden Büchern bekennt sich Präsident Uli Hoeneß ausdrücklich zum Trainer, beim jüngst entlassenen Basketballcoach schreibt er, auf Jahre hinaus „natürlich mit Dirk Bauermann“ um die Meisterschaft spielen zu wollen – danach aber verletzten beide Trainer Grundsätze, die Hoeneß und dem FC Bayern heilig sind. Die beiden Werke sind allerdings nicht die einzige von mehreren erstaunlichen Parallelen, die Gründe für die Entlassungen der beiden Trainer betreffend. Die AZ macht den Vergleich:
Kommunikation mit dem Präsidium: Ende 2010 platzte Uli Hoeneß der Kragen: Er schimpfte van Gaal öffentlich „beratungsresistent“, nachdem der sich kontinuierlich geweigert hatte, Ratschläge der Bayern-Ikonen anzunehmen. Der Niederländer, der sich sowohl in sportlichen wie auch personellen Entscheidungen jede Einmischung verbat, brüskierte die Bosse kurz danach aufs Heftigste, als er ohne Rücksprache einen Torwartwechsel vornahm (Kraft für Butt) und damit den Wechsel von Manuel Neuer zu Bayern öffentlich konterkarierte.
Dies empfand vor allem Hoeneß als größtmöglichen Affront. Bauermann wurde von Hoeneß zwar nicht öffentlich attackiert – aber tat sich sehr schwer, mit dem Präsidenten und und dessen Vize Rauch einen Konsens zu finden. „Bei grundsätzlichen Themen hatten wir verschiedene Blickwinkel“, sagte Rauch. Rückfragen und Bedenken des Präsidiums ignorierte Bauermann, Warnungen kamen bei ihm offenbar nicht an.
Umgang mit den Spielern: Van Gaal hatte seine Favoriten im Bayern-Kader: Vor allem Thomas Müller und Holger Badstuber profitierten von der Wertschätzung des Trainers. Mario Gomez hingegen, den die Bayern schon vor van Gaals Amtsantritt im Sommer 2009 verpflichtet hatten, geriet unter van Gaal in die Schaffenskrise, nachdem dieser öffentlich erklärt hatte, den Nationalspieler nicht persönlich verpflichtet zu haben. Und durch die Wechselposse im Tor (siehe oben) riskierte er, die eingespielte Abwehrformation zu schwächen.
Dirk Bauermann war schon lange für seine innige berufliche Beziehung zu Aufbauspieler Steffen Hamann bekannt, der bei Bayern zwei Jahre lang bedingungslos gesetzt war. Bei gewissen Spielern zeigte auch Bauermann seine Geringschätzung: Etwa beim deutschen Nationalspieler Philipp Schwethelm, der zum Ende der vergangenen Saison zum besseren Trainingspartner degradiert wurde.
Selbstverständnis: Nach Bauermanns Entlassung sagte Bernd Rauch: „Der Verein ist der entscheidende Punkt.“ Er hätte auch hinzufügen können: Und nicht das Ego eines einzelnen Mitarbeiters. Als van Gaal 2010 das Double gewann, wurde er von vielen als Kultfigur gefeiert, trotz oder vielleicht auch wegen seiner Hybris: Schließlich hatte er die Bayern ins Champions League-Finale 2010 geführt. Hoeneß aber war dieses überstrapazierte Selbstbewusstsein suspekt – zumal danach der sportliche Einbruch kam und van Gaals Sturheit und sein Narzissmus immer mehr zum Problem wurden.
Dirk Bauermann wurde nie müde, seine neun deutschen Meisterschaften zu betonen – die letzte 2007 mit Bamberg. Kritik, vor allem an seiner trägen Spielweise, verbat er sich. Und schätzte seinen eigenen Stellenwert gegenüber dem Verein offenbar ziemlich falsch ein. Beide eint also: Sie hielten sich selbst für größer als den FC Bayern – der Kardinalfehler, um bei den Bossen in Ungnade zu fallen.
Öffentliches Auftreten: Van Gaals Meisterschafts-Rede auf dem Marienplatz ist legendär, dort feierte er sich und seinen „Eff-Seh Bayern!“. Auf Pressekonferenzen konnte er bei ungewünschten Journalistenfragen schnell grantig werden – ebenso wie Bauermann. Auch der bleibt mit einem inbrünstigen Auftritt am Hallenmikrofon im Gedächtnis.
Solche Selbstdarsteller-Auftritte mögen das Mia-San-Mia-Gefühl der Bayern zunächst zwar scheinbar befördern – werden aber zum gefährlichen Bumerang, wenn Probleme auftreten.