Gänsehaut im Röckchen

Tennis-Legende Steffi Graf spielt in Halle ein Showmatch mit Henri Leconte, Julia Görges und Jewgeni Kafelnikow – und begeistert die 12000 Zuschauer dabei auf und neben dem Platz
HALLE Die rund 12000 Zuschauer im Gerry-Weber-Stadion fühlten sich wie auf einer Zeitreise – in eine Ära, als das Frauentennis noch durch eine Person, eine Deutsche geprägt war: Steffi Grafs Vorhand donnerte übers Netz, ihr Pferdeschwanz wippte hin und her, und die Beine tänzelten über den Platz – auch zwölf Jahre nach ihrem Karriereende hat Deutschlands Tennis-Ikone nichts von ihrer spielerischen Klasse eingebüßt. Und das, obwohl es Monate gebe, „in denen ich überhaupt keinen Schläger in die Hand nehme”, wie Graf nach dem „perfekten Tag” im Rahmen des Rasenturniers in Halle berichtete.
Wer die 41-Jährige in Westfalen aber erleben durfte, konnte sich dies kaum vorstellen. Im rosa Röckchen präsentierte sich die zweifache Mutter am Samstag rank und schlank wie eh und je, bei den Vorhand-Duellen mit Julia Görges behielt die Gräfin nicht selten die Oberhand. Zwar betonte die 22-malige Grand-Slam-Gewinnerin nach ihrem Show-Auftritt an der Seite des Franzosen Henri Leconte, dass sie auf gar keinen Fall” mehr mit den Topspielerinnen mithalten könne. Die aufstrebende Bad Oldesloerin Görges traut ihrem Vorbild aber zu, dass sie auch heute „noch vorn mitspielen” würde. Graf hatte 1999 bei den French Open in Paris für den bislang letzten deutschen Grand-Slam-Titel gesorgt, am Samstag gewann in der Chinesin Li Na erstmals eine Asiatin eines der vier wichtigsten Turniere der Welt.
In Halle stand nicht der ernsthafte Leistungsvergleich, sondern der Spaß beim Treffen der Tennis-Generationen im Vordergrund. Selten sah man Graf so gelöst wie in der fast ausverkauften Arena, in der ihr Mixed-Partner Henri Leconte mit Slapstick-Einlagen seinem Ruf als Tennis-Clown alle Ehre machte. „Es hat wahnsinnig Spaß gemacht”, bilanzierte Graf, die „ein bisschen Gänsehaut” hatte und den begeisterten Fans in Westfalen ein Wiedersehen in Aussicht stellte: „Ich hoffe, dass es nicht das letzte Mal war.” Nicht nur auf dem Rasen, wo sich das deutsche-französische Duo gegen Görges und den dreimaligen Halle-Sieger Jewgeni Kafelnikow aus Russland mit 3:6, 6:2, 11:9 durchsetzte, machte Graf eine tolle Figur. Charmant, humorvoll und bescheiden meisterte sie auf der anschließenden Pressekonferenz den Fragen-Marathon. Auch als ihre frühere Mitstreiterin und heutige Fed-Cup-Kapitänin Barbara Rittner plötzlich aufstand und wissen wollte, ob Graf einen Tipp für die Top-Ten-Kandidatinnen Görges und Andrea Petkovic parat habe, war die frühere Nummer 1 nicht um eine Antwort verlegen.
Da sie von den „starken Charakteren” sehr beeindruckt sei, gebe es eigentlich wenig, was sie den beiden raten könne, meinte Graf. Eines sei aber – gerade mit Blick auf den jüngsten Hype – entscheidend: „Es ist wichtig, sich Ruhe zu nehmen und zu wissen, worauf du dich konzentrierst.” Zugleich betonte die Wahl-Amerikanerin, dass sie die positive Entwicklung des deutschen Damen-Tennis sehr genau verfolgt: „Ich freue mich riesig für das Tennis allgemein und natürlich für die deutschen Mädchen, dass sie wieder Stimmung ins Tennis bringen.” In Halle war es aber noch einmal die Tennis-Legende selbst, die für die ganz große Festtagsstimmung sorgte.
Sogar nach dem Showmatch präsentierte sich Graf noch charmant und unkompliziert. Als ihre Mit- und Gegenspieler schon lange die Anlage verlassen hatte, schrieb sie noch weiter Autogramme für ihre Fans.