Fuzzy Garhammer: "Uns hat es oft zerrissen"
AZ-Serie: Olympia für alle! Fuzzy Garhammer ist einer der Begründer des Trickski-Fahrens – und ein Urvater von Aerials, Slopestyle & Co. Auch Freizeitsportler können seine Kunst lernen.
Am Freitag in Sotschi das Finale der Freestyle-Ski Aerials der Frauen statt. Ein spektakulärer Wettkampf: Dabei katapultieren sich die Athleten bis zu 15 Meter hoch in die Luft und zeigen dreifache Salti mit bis zu fünf Schrauben. Die Schanze für solche Sprünge ist rund vier Meter hoch und hat eine Neigung von 70 Grad.
Dass sich die Aerials seit 1994 im olympischen Programm befinden, verdanken sie der Pionierarbeit derjenigen, die Anfang der 70er Jahre mit ihren Tricks, Jumps und Balletteinlagen die steife Skiwelt aufbrachen und mit ihrer bunten und lässigen Lifestyle-Philosophie das Publikum begeisterten. Auch die AZ berichtete damals von den verrückten Trickski-Fahrern.
Fuzzy Garhammer war einer der wildesten unten den so genannten Hot Dogs, gewann die ersten inoffiziellen Weltmeisterschaften in Vale/Colorado. Der 66-jährige Kameramann ist heute noch ein wilder Hund und gibt seit 20 Jahren sein Können und Spaß bei Freestyle-Camps an Kids und Jugendliche weiter.
AZ: Schauen Sie sich die Übertragung der Aerials an?
Garhammer: Aber klar! Das lasse ich mir nicht entgehen!
Was hat sich denn seit Ihrer wilden Freestyle-Zeit verändert?
Die Figuren sind viel schwieriger geworden. Wir haben in den 70er Jahren mit einfachen Rotationen angefangen und haben uns dann langsam zu Doppelsprüngen vorgetastet. Damit kann heute keiner mehr punkten: Der Standard bei den Wettkämpfen sind Dreifachsprünge.
Wie sehen Sie diese Entwicklung zum Triple-Programm?
Ehrlich gesagt finde ich die klassischen Aerials ziemlich konservativ. Da spürt man wenig von Fun und Streetlife, wie beispielsweise beim Slopestyle. Aerials sind wie das Kunstturnen von festen Reglements bestimmt, da hat sich nichts in den letzen Jahren weiterentwickelt. Um heute bei den Aerials vorne mitzufahren, muss man ein hervorragender Turner sein, der auch Ski fahren kann. Früher waren wir extrem gute Skifahrer, die sich Tricks und Figuren beigebracht haben.
Wie trainiert man überhaupt diese komplexen Figuren?
Das funktioniert nur auf dem Trampolin, erst später, wenn man die Figuren verinnerlicht hat, geht man auf die Wasserschanze.
Sind Aerials was zum Nachmachen für Otto-Normal-Skifahrer?
Klare Antwort: nein.
Warum?
Die Sprünge sind zu komplex und zu gefährlich. Bereits das Trampolinspringen ist nicht ohne und sollte nur unter geschulter Leitung trainiert werden. Wenn Kids so etwas machen wollen, muss das Training methodisch richtig aufgebaut werden.
Wie haben Sie denn in Ihrer aktiven Zeit die Jumps und Figuren trainiert?
Wir sind einfach gesprungen und haben alles ausprobiert. Dementsprechend hat es uns auch oft zerrissen. (lacht) Als bei den Wettkämpfen die Amis plötzlich mit Doppelsprüngen kamen, haben wir auch begonnen, auf der Wasserschanze zu trainieren.
Wenn ich Sie richtig verstehe, haben die heutigen Aerials wenig mit der Freestyle-Philosophie von Fuzzy Garhammer zu tun?
Korrekt! Wir waren kreativ, wir waren revolutionär, wir wollten etwas Neues, etwas, was Spaß macht und uns herausfordert. Freestyle war damals eine völlig andere Skiphilosophie: Keiner hat uns reingeredet, was wir zu tun und zu lassen haben. Heute ist alles reglementiert.
Vor mehr als 20 Jahren haben Sie Ihre eigene Ski- und Boardschule gegründet. Wer kommt zu Ihnen?
Wir veranstalten Camps für Kids und Jugendliche bis 18 Jahre. Bei uns können alle kommen: Anfänger, Fortgeschrittene, Freestyler. Sie lernen Skifahren, cruisen, gleiten und natürlich auch jede Menge Jumps. Wer zum ersten Mal auf den Ski steht, springt bereits am ersten Tag über eine kleine Schanze. Kids wollen Spaß und Abenteuer: Beides erleben sie in unseren Camps.
Die Kids springen auch?
Ja, natürlich! Aber alles im Rahmen. Sicherheit steht an erster Stelle. Wir trainieren keine Salti, sondern easy jumps, spins, schräg zum Hang.
Braucht man ein spezielles Material dafür?
Freestyler fahren Twin-Tips, Ski, die hinten und vorne aufgebogen sind. Viele Sprünge werden rückwärts gelandet, da müssen die Fahrer weiterfahren können. In unseren Camps herrscht Helmpflicht, Protektoren sind erwünscht.
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