Zwanziger und Co. müssen sich warm anziehen

Frankfurt/Main - "Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall" - so lautet der Verdacht der Staatsanwaltschaft. Mehr als 50 Fahnder sind zeitgleich auf die Das Haus von Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger in Altendiez war im Laufe des Vormittags von zahlreichen Medienvertretern umlagert.
"Wir sind noch ganz am Anfang der Ermittlungen und müssen schauen, was sichergestellt wird - wenn denn etwas sichergestellt wird", sagte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen. "Dann werden auch noch Zeugen gehört. Das alles kann also noch sehr, sehr lange dauern."
Wegen der ominösen Zahlung von 6,7 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 an den Weltverband FIFA sahen sich die Behörden dazu gezwungen, aktiv zu werden.
Niersbach, Zwanziger und Schmidt wird vorgeworfen, "die Einreichung inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen veranlasst und hierdurch Körperschafts- und Gewerbesteuern sowie Solidaritätszuschlag für das Jahr 2006 in erheblicher Höhe verkürzt zu haben", heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main.
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Ursprünglich hatte der DFB die Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro als Kostenbeteiligung an einem Kulturprogramm deklariert. Laut Staatsanwaltschaft lag dieser Zahlung "tatsächlich aber ein anderer Zweck zugrunde, weshalb die Zahlung nicht als abzugsfähige Betriebsausgabe hätte geltend gemacht werden dürfen".
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Hinsichtlich der weiteren in Betracht kommenden Tatvorwürfe der Untreue sowie der Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr wurde wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung ein Anfangsverdacht verneint und daher von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen, hieß es vonseiten der Staatsanwaltschaft.
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"Sollte sich der hinreichende Tatverdacht erhärten", betonte Niesen bezüglich der "Akte DFB", "kommt es zur Anklageerhebung. Dann landet der Fall vor Gericht." Und dann drohen Niersbach und Co. im schlimmsten Fall Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.
Der ehemalige Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, war bekanntlich im vergangenen Jahr wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte am 2. Juni 2014 seine Haftstrafe angetreten und hofft jetzt auf eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung.
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Zwanziger hatte die Existenz von "schwarzen Kassen" im Zusammenhang mit der deutschen WM-Bewerbung für 2006 in den Raum gestellt. Dies hatte sein Nachfolger Niersbach vehement bestritten. Der DFB-Chef, sein Vorgänger Zwanziger sowie Schmidt, der später auch als DFB-Schatzmeister amtierte, gehörten dem deutschen WM-OK unter Vorsitz von Franz Beckenbauer an.
Angesichts der undurchsichtigen Faktenlage forderte Politiker Özcan Mutlu bereits personelle Konsequenzen. Der sportpolitische Sprecher der Bündnis90/Grünen-Bundestagsfraktion kritisierte den DFB dafür, dass er nun offenkundig "schon an einem sauberen Fußball in Deutschland" gescheitert ist, wo er doch noch vor Wochen dazu gedrängt hat, im Zusammenhang mit dem FIFA-Skandal als Vorreiter den internationalen Fußball neu aufzustellen. "Auch für den DFB scheint daher zu gelten, dass er sich - personell wie organisatorisch - ganz neu aufstellen muss", sagte Mutlu.
Dass DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel, stellvertretender Vorsitzender des Bundestags-Sportausschusses, am Dienstag auf SID-Anfrage keine Stellungnahme abgeben wollte, dürfte Mutlu daher nicht gefallen haben. "Ich fordere alle Beteiligten einschließlich der Bundesregierung auf, endlich reinen Tisch zu machen", sagte Mutlu: "Nun hat die Steuerfahndung den DFB vom Platz gestellt. Damit ist das Sommermärchen endgültig zum Albtraum für den DFB geworden."
Die Razzia im Frankfurter Stadtwald und im weiteren Umland kam plötzlich - aber nicht wirklich überraschend. Bild.de zeigte schon unmittelbar nach Beginn der Razzia erste Fotos der Ermittler, die die Zentrale des DFB in der Otto-Fleck-Schneise betraten. "Wir sind auf der Suche nach belastendem Material, das den Verdacht der Steuerhinterziehung stützt", sagte ein Ermittler der Bild.