Zerwürfnis mit Keller?: DFB-Präsidium tagt ohne Curtius
Es schien zu passen. Vor gut einem Jahr versprach die Wahl von Fritz Keller zum DFB-Präsidenten Ruhe an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes.
Keller, der den beschaulichen Breisgau für den DFB verließ, als Mann vor allem auch fürs Repräsentative. DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius, der da schon seit Jahren im Verband tätig war, als Mann fürs Geschäftliche. Zwei unterschiedliche Charaktere zwar, aber, so die Hoffnung, zwei, die sich perfekt ergänzen können. Offenbar eine krasse Fehleinschätzung.
Wie nun auch die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, trennen die beiden DFB-Funktionäre tiefe Gräben. Curtius werde an diesem Freitag nicht an der DFB-Präsidiumssitzung teilnehmen. Er folge damit dem "Wunsch eines Präsidiumsmitglieds", zitiert die "SZ" aus einer E-Mail von Curtius an dessen Präsidiumskollegen. Der 44-Jährige war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der DFB teilte auf dpa-Anfrage mit, "die personellen Spekulationen in den Medien" nicht zu kommentieren.
Keller (63) soll der "SZ" zufolge die Auflösung des Vertrages von Curtius wünschen. Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor schon berichtet, der DFB-Präsident wolle in der zerfahrenen Lage zur Not die "Vertrauensfrage" stellen. Die "SZ" wählte für ihren Bericht die Überschrift: "Es ist nur Platz für einen".
Curtius übt beim DFB seit 2016 das Amt des Generalsekretärs aus, zuvor war er als Leiter des Büros des damaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach tätig. Laut "SZ" schrieb Curtius seinen Präsidiumskollegen, dass er am Mittwoch gemeinsam mit Keller versucht habe, bestehende Missverständnisse zu bereinigen. Leider habe man in dem Gespräch noch keine belastbare Lösung gefunden. Er habe Keller eine gemeinsame Mediation vorgeschlagen.
Eine Entwicklung mit ungewissem Ausgang, der genaue Anfang lässt sich schwer benennen. Da ist die Affäre rings um die WM 2006 und die ominösen 6,7 Millionen Euro, die den Verband weiterhin belastet. Keller hatte offensiv angekündigt, der Verband sei "ganz nah dran" an der Aufklärung. Und da war zuletzt die Steuerrazzia.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte Anfang Oktober Geschäftsräume des DFB sowie Privatwohnungen von mehreren aktuellen und ehemaligen Verbandsfunktionären durchsuchen lassen. Dabei ging es um den Verdacht der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen. Der DFB hat inzwischen etwa 4,7 Millionen Euro nachgezahlt, dies spielt bei den Ermittlungen aber keine Rolle. Weitere negative Schlagzeilen dürften deshalb folgen.
Keller hatte sich zuletzt "weiterhin von der Unschuld der Verantwortlichen des DFB überzeugt" gezeigt. Curtius soll sich in seiner Mail an das Präsidium überzeugt zeigen, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Sollte er wegen einer Verfehlung während seiner Tätigkeit beim DFB verurteilt werden, werde er sämtliche Ämter sofort zur Verfügung stellen, schrieb er demnach.
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