Wolfsburg spielt wieder Schicksal
Trotz der Pleite gegen Duisburg hoffen die Bayern-Frauen noch auf den Meistertitel – und auf Schützenhilfe
MÜNCHEN Für Günther Wörle war es ein kurze Nacht. Erst spät war er daheim in Thannhausen hinter Augsburg angekommen, und noch lange lag grübelte er über das 0:4 seiner Frauen gegen Duisburg. Um 7 in der Früh war er dann wieder wach. Und natürlich dachte der 59-Jährige gleich wieder an das Spiel, in dem sie vielleicht den Meistertitel verspielten.
„Das war einfach bodenlos“, sagte Wörle am Tag danach zur AZ. „Uns hat einfach der Killer-Instinkt gefehlt.“ Bedrückt war Wörle vor allem wegen des Versagens vor der Rekord-Kulisse von 3112 Zuschauern. „Da hat man so viele Menschen da, die man für Frauenfußball begeistern kann, und das“, sagte Wörle, „und auch unserem Vorstandsvorsitzenden hätte ich ein schöneres Spiel gewünscht.“ Karl-Heinz Rummenigge, der erstmals in dieser Saison ein Spiel der Bayern-Frauen sah. Und dann gleich die höchste von zwei Niederlagen in dieser Saison miterlebte
Wörles Frauen schienen an der Erwartung zu zerbrechen. Weil alle schon vom Titel sprachen.
Seit Anfang Oktober waren die Bayern-Frauen unentwegt Tabellenführer, jetzt sind sie nur noch Zweiter. Vor dem letzten Spieltag (Sonntag, 14 Uhr) führt nun Potsdam (51 Punkte, 64:19 Tore) vor Bayern (51, 66:22) und Duisburg (50, 81:20). Ein Dreikampf wie vor zwei Wochen bei den Männern, und wie dort kann auch den Frauen alles passieren: Meister werden, Zweiter bleiben oder aus der Champions League rutschten (bei den Frauen ist der Meister automatisch dabei, der Zweite muss in die Qualifikation).
Und wie damals spielt auch nun Wolfsburg Schicksal für die Bayern. Die VfL-Frauen können als Siebter zwar nicht mehr Meister werden, aber sie spielen in Potsdam und können den Bayern mächtig Schützenhilfe leisten.
Auf ein eigenes Schützenfest hoffen die Münchnerinnen in Crailsheim, dem Tabellenletzten, der zuletzt in sieben Spielen sieben Pleiten bei 4:31 Toren kassierte. Wenn Bayerns Meisterträumen nicht in Crailsheim Tür und Tor geöffnet sind: wo sonst?
So will Wörle nach dem trainingsfreien Donnerstag heute und morgen seine Frauen „einschwören“, wie er sagt. „Wir müssen an unsere Chance glauben.“ Sonntagfrüh fahren sie mit dem Bus die 220 Kilometer nach Crailsheim, und wenn es doch noch was wird mit dem Meistertitel, wollen sie nach Abpfiff an die Säbener Straße zurückfahren und dort auf der Dachterrasse des Leistungszentrums feiern. Ende der Party offen. Dann wird es für Wörle sicher wieder eine kurze Nacht. Aber lustiger. Florian Kinast