Kolumne

WM-Kolumne von Marie Lang: Die BWLisierung des Sports

Die ehemalige Kickbox-Queen ist ein Teil der Experten-Sechserkette der AZ.
von  Marie Lang

Diese WM hat das Dilemma, in dem der Fußball steckt, in schonungsloser Weise offenbart. Die extreme Überkommerzialisierung beraubt den Sport, den wir so lieben, seiner Seele, entfremdet ihn von den Fans, die der Herzschlag des Fußballs sind. Wenn man den Sport nur als Business, als Produkt versteht, ignoriert man sein Wesen.

Fußball lebt von Kreativität und Herzblut

Die fortschreitende Bürokratisierung, BWL-isierung und Standardisierung hat noch keiner Aufgabe, die von Kreativität und Herzblut lebt, gutgetan.

Wem es nur ums Geschäft geht, muss in noch nicht ge- und übersättigte Märkte ausweichen, der dient sich Herren an, deren Werte man keinesfalls teilt. Das hat zur Folge, dass die Politik in den Sport überschwappt, dass etwa die Diskussion um die OneLove-Binde in den Vordergrund tritt. Angeblich hat die deutsche Mannschaft noch einen Tag vor dem Japan-Spiel intern diskutiert, ob man mit dieser Binde antritt. Wenn ich an meine Kämpfe denke, wie sehr ich mich von der Außenwelt abgeschottet habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass solche Diskussionen der Konzentration zuträglich sind.

Die Fifa auf einem Holz- und Irrweg

Wenn man die Stimmung, die in Katar – aber auch hierzulande herrscht –, sieht, dann muss die Fifa schleunigst erkennen, auf welchem Holz- und Irrweg sie sich befindet.

Eine WM muss immer etwas sein, auf das man sich lange freuen kann. Wer den Fußball beliebig macht, indem er immer mehr Bewerbe schafft – und so eine völlige Übersättigung verursacht –, darf sich nicht wundern, wenn das Interesse am Fußball allgemein sinkt.

"Ich hoffe, dass der Frauenfußball nicht seine Unschuld verliert"

Welch Gegenentwurf war die Frauen-EM im Sommer. Da ging es um Fußball, nicht so sehr ums Geschäft. Ich hoffe, dass der Frauenfußball nicht bald seine Unschuld verliert. Dass wir da nicht auch neben der Champions League die Europa League und die Conference League sehen. Bei den Männern wird es sicher bald die Liga geben, in der die Elften der jeweiligen Ligen einen Champion ausspielen. Will das wirklich jemand sehen? Nein. Wir wollen Fußball, weil wir Fußball lieben. Aber: Liebe ist ein rares Gut - banalisieren wir es bitte nicht!

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