Kolumne

WM-Kolumne von Caro Matzko: Die längste Praline

Die prominente Moderatorin Caro Matzko ist ein Teil der Experten-Sechserkette der AZ.
von  Caro Matzko
Caro Matzko
Caro Matzko © BrauerPhotos

Fußball war nie meins. Insofern: Keine Ahnung, warum mich die Kolleg*innen der Abendzeitung darum gebeten haben, Teil ihres WM-Kolumnenteams zu sein. Vielleicht, weil ich eine Frau und Mitte 40 bin und daher schon rein hormonell Profi darin, mich mit (meinen) gemischten Gefühlen herumzuschlagen. Und gemischte Gefühle, die haben wir ja alle, was die WM in Katar angeht.

Geht um alles, was uns traurig schauen lässt!?

Angeblich mittlerweile sogar Sepp Blatter. Denn sie ist ein Politikum. Und Politika interessieren mich wiederum brennend, denn sie richten ein Spotlight auf die finstersten menschlichen Abgründe. Die WM-Vergabe nach Katar rollt uns ein Portfolio der dunklen Seite der Macht gleich einem seidenen Teppich von Doha bis München aus: Es geht um Menschen- und Fernsehübertragungsrechte, Korruptionsverdacht, Lobbyismus und Sponsoring, um Rassismus, Misogynie und Homophobie. Es geht also um alles, was uns traurig schauen lässt.

Frauen haben maximal die Relevanz einer Zitronenscheibe 

Oder eben genau nicht. So hilflos sind wir gesellschaftlichen Bolzplatz-Ligisten, die wir in der monetären Futterkette eher bodenständig angesiedelt sind, dass uns nur noch bleibt Boykott zu diskutieren: Sollen wir die WM-Spiele überhaupt schauen? Oder Wegschauen? Keine Ahnung. Vielleicht hatten wir wie bei allen Missständen, die uns überfordern, noch gehofft, dass von alleine alles gut wird, wenn wir nur lang genug wegschauen. Und jetzt sind wir doch fassungslos, dass es nur genug Geld braucht, damit eine Sommer-WM im Winter stattfinden kann, dass homosexuelle Spieler in einem Land über den Platz rennen müssen, in dem Schwulsein als geistige Störung bezeichnet wird. Und Frauen maximal die Relevanz einer Zitronenscheibe neben dem Schnitzel haben.

Verbleibe mit einem geseufzten: Keine Ahnung

Wobei, das wäre schon viel zu zentral. Frauen sind das zu vernaschende Süßi am Ende eines langen Menüs. Sofern sie noch das jungfräuliche Frischesiegel und nie unverpackt das Haus verlassen haben. Wenn ich eine Süßigkeit wäre, dann auf jeden Fall die längste Praline der Welt. Denn angesichts der Peitsche des Kapitalismus überlebt man nur als Queen Superlativa. Ich bin gespannt, welches symbolpolitische Zeichen für Emanzipation, Recht und Freiheit unsere Elf setzen wird. Und verbleibe mit einem geseufzten: Keine Ahnung.

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